Von der Uni Wien nach Monte Carlo
© Money Boy
Music

“Money Boy ist alles andere als dumm!”

Prof. Dr. Peter Vitouch muss es wissen. Er hat Money Boys Diplomarbeit betreut. Und du weißt es auch bald, denn der Boy kommt für eine Show nach Wien.
Autor: Daniel Köhler
6 min readPublished on
Es wird noch immer versucht, Money Boy auf seinen ersten großen Hit zu reduzieren: Der Boy dreht den Swag auf, haha. Dass dieser Track schon im Jahr 2010 releast wurde und die Welt sich inzwischen die eine oder andere Runde weitergedreht hat, wird selten zur Kenntnis genommen. 
Real Rap: Money Boy ist noch immer da, hat nebenbei dreimal das Jugendwort des Jahres geprägt, sich selbst und seinen Stil extrem weiterentwickelt und mit der Glo Up Dinero Gang ein ansehnliches Business aufgebaut. Bisherige Spitze dieser letzten 7 Jahre: das Haus in Monte Carlo.
In seinem Image dreht sich alles um Geld, Designerware und Provokation – Money Boy hat eine Message. Und diese zieht sich nicht nur durch sein Image, sondern auch durch seinen gesamten musikalischen Output.

Du möchtest dich selbst von Money Boy überzeugen?

Dann hast du schon bald die Chance dazu. Denn Money Boy kommt zum Red Bull Music Festival Wien. Alles, was du dazu brauchst, ist ein Ticket - das bekommst du hier.
Mehr Infos zum Festival:

Knowledge & Kreativität

Mit seiner musikalischen Zusammenfassung des Rap-Jahres 2017 sprengt Money Boy schlussendlich jede Erwartungshaltung: Nicht nur mit seiner Kreativität ist er top of the game, sondern auch sein Wissen über die Rapszene ist einzigartig.
Aber woher kommt dieses Wissen eigentlich? Dass Money Boy einen akademischen Abschluss hat, ist bekannt. Doch es ist wie bei Loch Ness: Gesehen hat das Monster noch niemand. Bis jetzt. Die Arbeit gibt uns Einblick in eine geheime Welt. Sie identifiziert den Boy als gebildeten Mann mit Hochschulabschluss und einen sein Handwerk beherrschenden Wissenschaftler.
Das Thema war seine Idee: Money Boy's Diplomarbeit.

Das Thema war seine Idee: Money Boy's Diplomarbeit.

© [unknown]

Wir sprechen also mit dem Mann, der den akademischen Weg des alpenländischen Ali G maßgeblich begleitet hat: Prof. Dr. Peter Vitouch, Kommunikationswissenschaftler an der Universität Wien und Money Boys Diplomarbeitsbetreuer.
Herr Professor: Welche Erinnerungen haben Sie noch an ihren ehemaligen Studenten Sebastian Meisinger, genannt Money Boy?
Ich kann mich noch an unsere ersten Begegnungen erinnern. Er war natürlich schon immer eine, nennen wir es spezielle, Person. In meinen Erinnerungen habe ich ihn als sehr groß und ein bisschen ungelenk abgespeichert. Und er hat damals schon sehr interessante Kappen getragen.
Das Thema der Arbeit “Gangsta-Rap in Deutschland” war vermutlich seine Idee. Wie haben Sie damals auf diesen Vorschlag dieses schlacksigen Jungen reagiert?
Offen, so wie man auf Vorschläge eben reagiert. In den Gesprächen wurde auch sehr schnell klar, dass hier ein seriöses Forschungsinteresse auf eine persönliche Begeisterung traf. Natürlich sind da auch meine Ideen eingeflossen, das aber mehr im empirischen Bereich der Arbeit. Ich möchte aber festhalten, dass mein Betreuungsaufwand bei dieser Arbeit nicht besonders hoch war.
Ihre eigene Expertise in der Causa "Gangsta-Rap" würden sie rückblickend wie einschätzen?
Ich hatte mit deutschem Gangsta-Rap wirklich nichts zu tun. Ich wusste Einiges über den amerikanischen Gangster-Rap, zum Beispiel dass die Menschen sich dort gegenseitig dezimieren. Und dann natürlich die gescheiterten Zensurversuche einer Tipper Gore. Aber viel mehr wusste ich nicht. Aus einer wissenschaftlichen Perspektive sind die Wechselwirkungen zwischen gewalttätiger Sprache und eventuellem Handeln der Nutzer durchaus interessant für mich gewesen.
Money Boy hat in seiner Erhebung zwei Gruppen gebildet und ihnen jeweils unterschiedlich aggressive Songs von Massiv, Bushido und Azad vorgespielt. Danach mussten sie einen Fragebogen zu Hip Hop in Deutschland ausfüllen. 62 Fragebögen kamen dabei herum: Ein normaler Wert?
Ja, das ist ein normaler Wert. Sie dürfen nicht vergessen, dass es hier nicht um eine statistisch repräsentative Arbeit ging. Eine Gruppenarbeit folgt anderen Kriterien. Grundsätzlich gilt: Keine Diplomarbeit kann die komplette Wahrheit erheben, somit kann auch die Arbeit von Money Boy nicht mit diesem Anspruch behandelt werden. Innerhalb seiner Diplomarbeit war der Datensatz ausreichend und viel wichtiger, er wurde fachgerecht erhoben und interpretiert.
Wir empfehlen den Arousal und Excitation-Transfer.

Wir empfehlen den Arousal und Excitation-Transfer.

© [unknown]

In Deutschland werden nur Magisterarbeiten, die mindestens die Note Zwei erhalten, in Universitätsbibliotheken aufbewahrt. Trifft das auch auf Österreich zu?
Auf Österreich trifft das nicht zu. Ich muss auch zugeben, dass mir seine Arbeit jetzt nicht mehr en detail parat ist. Aber es ist unstrittig, dass es sich dabei um eine seriöse und experimentell gestützte Abschlussarbeit handelt. Ich weiß auch nicht mehr genau, wie ich die Arbeit bewertet habe. Aber es wird schon ein "Gut" gewesen sein.
Haben Sie die Wege von Money Boy danach verfolgt? Es war ja schwer in den letzten Jahren an ihm vorbei zu kommen.
Ach, ich bin damals ganz gut an ihm vorbeigekommen. Allerdings hatte ich damals eine Zeit, in der hauptsächlich weibliche Mitarbeiterinnen bei mir beschäftigt waren. Eines Tages stand eine von ihnen mit einem breiten Grinsen im Gesicht in meiner Tür und meinte: "Herr Professor, vielleicht wollen Sie das ja auch sehen." Sagen wir es so: Ich war einigermaßen überrascht. Aber sie hatten Recht: Ich wollte das wirklich sehen. Und wenn ich ehrlich bin, dann möchte ich auch gerne darüber sprechen.
Nichts leichter als das. Was fasziniert den Kommunikationswissenschaftler in Ihnen am Phänomen Money Boy?
Ich möchte vorab sagen, dass ich Money Boy für alles andere als dumm halte. Das darf man ihm nicht unterstellen, auch wenn seine Produktionen da gerne einen anderen Eindruck vermitteln. Money Boy beliefert die Population mit den besten Versatzstücken aus seiner Erfahrung im wissenschaftlichen und privaten Umgang mit Rap. Und das funktioniert. Er wirft seinem Publikum genau das vor, was sie brauchen, akzeptieren oder wollen. Das ist eine bemerkenswerte publizistische Leistung.
Das, oder man sieht es als mehr oder minder grandiose Persiflage.
Das stimmt. Diese Betrachtungsweise ist ebenfalls zulässig. Er fuchtelt hier und da zwar mit einer Pistole herum, aber das ist im Kontext vermutlich harmlos zu bewerten. Ich könnte mir auch vorstellen, dass er den Markt damit entlarven wollte, oder weiterhin entlarven will. Das würde ich ihm zutrauen.
Seine Diplomarbeit handelt ja von der Wirkung von Rapmusik auf die Rezipienten. Ich habe Ihnen den Song “Masturbiert” geschickt. Wie sieht denn eine wissenschaftliche Annäherung an diesen Song aus?
Natürlich muss diese Antwort jetzt, mangels Überprüfung, fiktiv bleiben. Aber ich denke, dass er mit diesem Song durchaus auch vorhandene Probleme Jugendlicher aufgreift. Jugendliche, die Probleme mit dem anderen Geschlecht haben. Ich habe selbst zwei Söhne, ich weiß welche Probleme da auf einen jungen Mann zukommen. Und Money Boy bietet mit diesem Song ein Ventil für die Gefühlslagen dieser jungen Männer. Ob er das so gewollt hat? Das müssen Sie Ihn fragen.
Was ist Ihnen bei dem Song “Der Louis-Store war zu” durch den Kopf gegangen, Herr Vitouch?
Ja, das ist natürlich der pure Hohn! Sein einziges Problem im Leben ist, dass dieser scheiß Louis Vuitton-Store zu ist! Konsequenter kann man die Konsumgesellschaft nicht auf die Schippe nehmen. Ob das jetzt formal gelungen ist oder nicht, ist eine andere Frage.
Welche körperlichen Reaktionen kann die Musik von Money Boy, Ihrer Ansicht nach, denn auslösen? Innerhalb der Szene reicht das Spektrum von Lach- bis Wutanfall.
Ich stelle mir eine deutliche, physiologische Aktivierungssteigerung vor. Also erhöhter Puls, Schweißentwicklung an den Händen und eine Reaktion der Pupillen. Die Frage ist jetzt: Amüsieren sich die Leute oder ärgern sie sich. Dazu würde ich die Methode des "Lauten Denkens" verwenden. Was ich aber schon jetzt feststellen kann: Money Boy lässt die Leute sicher nicht gleichgültig.

Teil dieser Story

Red Bull Music Festival

Am 9. Mai 2018 wird das Wiener Riesenrad zum Verbindungspunkt zwischen Künstler und Fans, zwischen Musik und Community mit insgesamt 15 Waggons und auf 3 Stages!

ÖsterreichWien, Österreich
Zum Event