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Für alle League of Legends-Teams ist die Saisonpause jene Zeit, in der sie über das Vergangene genauso wie über das Kommende nachdenken. Das gilt auch und vor allem für G2 Esports, die dem Worlds-Titel denkbar nahe kamen, nur um ihn sich von FunPlus Phoenix noch einmal nehmen zu lassen. G2 ist das beste Team, das die europäischen Länder jemals vorgebracht haben; die Fans traf die knappe Enttäuschung damit umso härter.
Auch wenn das Finale nicht wunschgemäß verlief, G2 erlebte das erfolgreichste Jahr, das sie jemals hatten. Die E-Sportler gewannen zwei LSC-Titel und das Mid-Season Invitational. Wir haben uns mit G2-Support Mihael "Mikyx" Mehle und Chef-Coach Fabian "GrabbZ" Lohmann getroffen, um über das vergangene Jahr zu sprechen - und was sie sich vom neuen Jahr erwarten.
Unmittelbar nach dem Finale der Worlds 2019 übernahm GrabbZ nach der 3-0 Pleite auf Twitter die volle Verantwortung für den Misserfolg: "Ich habe es nicht geschafft, die Jungs richtig vorzubereiten", meinte er und machte im selben Zuge klar, dass die Spieler von G2 als "Champions, die sie sind" wertgeschätzt werden müssen. Ein paar Wochen später hat sich an dieser Meinung nichts geändert.
"Ich fühle nach jedem Misserfolg so", meint GrabbZ. "League ist ein sehr komplexes Game und das Publikum nimmt diesen Umstand manchmal gar nicht wahr. Wenn wir also über die Vorbereitung reden, dann kratzen wir hier nur an der Oberfläche, aber es ist das erste, auf das die Leute hinweisen. Wenn du nicht gewinnst, denkst du an all die Kleinigkeiten, die zwar erwähnt, aber nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit abgearbeitet wurden, um den Spielern wirklich zu helfen.
"Wir wussten, wie FPX das Game angehen wollte und sie sind in ihren jeweiligen Styles unheimlich gut. Wir hatten Probleme, in der Frühphase eine Antwort zu finden. Rückblickend hätten wir in diesem speziellen Fall etwas theoretischer an die Sache herangehen sollen."
Mikyx denkt ähnlich, er gibt aber zu, dass vieles auch an der praktischen Ausführung liegt.
Ich glaube nicht, dass sie uns mit irgendetwas überraschten. Wir haben nur unter unseren Möglichkeiten gespielt.
"Wir wussten, dass FPX den Fokus auf Mid und Jungler setzt, also versuchten wir, mitzuhalten", erklärt er. "Ich glaube, viele unserer Fehler sind bereits in der Vorbereitung passiert, da wir im Vergleich zu dem, was wir am Vortag besprochen hatten, vieles veränderten. Wir versuchten auch, Pyke Mid zu spielen und ihre Roams mit Predator und Teleport unter Kontrolle zu bringen, aber das gelang uns nicht. Auch wenn wir das Spiel durchaus gewinnen hätten können, haben wir es selbst verbockt und verloren."
"Wir waren gut darin, auf ihre Level 1s zu antworten", fügt Mikyx hinzu. "Ich glaube nicht, dass sie uns mit irgend etwas überraschten - wir haben einfach unter unseren Möglichkeiten gespielt."
Im nächsten Jahr finden die Worlds 2020 in China statt und GrabbZ weiß bereits, was G2 anders machen wird. Er hofft darauf, dass das Staff es den Spielern während der Stressperiode etwas angenehmer machen kann und er glaubt fest daran, dass eine bessere Vorbereitung für das nächste Turnier möglich ist.
"Sich während des Turniers selbst zu verbessern, ist nahezu unmöglich, also ist die Zeit davor umso wichtiger. Wir machten den Fehler, in diesem Jahr in Europa zu bleiben", erklärt er. "Ich habe uns nicht mit der Spielqualität konfrontiert, die notwendig war, um nachhaltige Verbesserungen herbeizuführen. Erst, als die asiatischen Teams nach Europa kamen und uns im Training demoliert haben, realisierten wir es."
Die Worlds in Asien machen ein asiatisches Bootcamp sehr viel einfacher, also kann G2 schon vorab auf bessere Möglichkeiten zurückgreifen, um im Turnier zu reüssieren. Natürlich treffen sie dennoch auf chinesische Teams, die zu Hause spielen und sich genau dort den dritten Worlds-Titel in Folge holen können. Mikyx ist dennoch davon überzeugt, dass G2 die Chance hat, diese Strähne zu durchbrechen.
Auch GrabbZ ist dieser Meinung. Er meint außerdem, dass die LEC-Teams im Laufe der Zeit immer stärker werden.
"Vor zwei Jahren wäre es noch ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, dass Europa in den Finals mitmischt. Auch wenn das Ergebnis enttäuschend ist, zeigt es doch das Potential, dass hier vorhanden ist. FPX war nicht dieses unschlagbare Biest, wie die koreanischen Teams in der Vergangenheit; es trafen einfach zwei Teams mit ihren eigenen Stärken und Schwächen aufeinander."
"In diesem Jahr war die Konkurrenz nahezu auf einem Levels. Sieben von den acht Teams hätten das Turnier für sich entscheiden können", erklärt er weiter. "Am Spieltag sind die kleinen Dinge entscheidend. SKT hätte Spiele gegen uns gewinnen können und wir hätten das erste und das dritte Spiel gegen FPX für uns entscheiden können. Es war nur der erste Schritt, europäische Teams auf den Level der Asiaten zu bringen. Ich bin mir also sicher, dass die LCS ein Team hervorbringt, das ernsthafte Chancen auf den Worlds-Titel hat."
Ich glaube, das nächste Jahr ist unseres.
Nun heißt es aber erst einmal, die Dinge des vergangenen Jahres zu verarbeiten und richtig einzuordnen, bevor es im Jänner weitergeht. G2 plant keine personellen Veränderungen. Gerade diese Konstanz könnte der Schlüssel zum Erfolg sein, da viele Rivalen den anderen Weg gehen.
"Jetzt, wo die Saison wirklich vorbei ist, gilt es, zu entspannen und Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen", meint GrabbZ. "Nach beinahe 11 Monaten in denen es nur um den Wettbewerb ging, haben wir uns etwas freie Zeit verdient. Natürlich suchen wir bereits nach neuen Ideen. Konkretes gibt es aber erst mit dem Start der Saison."
Mikyx verabschiedet uns mit den Zielen für das kommende Jahr: "Ich glaube, wir können mehr erreichen, als 2019. Mit der Erfahrung, die wir jetzt haben, werden wir vieles besser machen. Ich glaube, das nächste Jahr ist unseres."