Alpines Skifahren
Jung, mutig und unaufhaltsam: Wie Lara Colturi die Skiszene aufrüttelt
Mit ihren 18 Jahren steht die alpine Skifahrerin an der Schnittstelle zwischen Erbe und persönlicher Neuerfindung. Sie stellt das Narrativ in Frage, das sie seit ihrer Kindheit begleitet.
© Erich Spiess / Red Bull Content Pool
Den eigenen Weg gehen...das stand nie zur Debatte!
Seitdem Lara Colturi, Albaniens "Speed Girl", 2022 die Weltcup-Szene betrat, haben sich die Köpfe nach ihr umgedreht - und zwar rapide!
Die junge Alpinskisensation, Tochter der legendären italienischen Olympiasiegerin Daniela Ceccarelli, hat diese Saison mit einer Reihe von beeindruckenden Platzierungen in Gurgl und Killington begonnen... und diese holt sie sich auf ihre ganz eigene Art.
Aufstrebendes Talent
Colturi wurde 2006 als Kind der Eltern Alessandro Colturi und Daniela Ceccarelli in Turin, Italien, geboren. Die meisten werden sich an Ceccarellis erstaunlichen Erfolg bei den Winterspielen 2002 in Salt Lake City, Utah, erinnern, wo sie die Goldmedaille in der Kategorie Super-G gewann. Sie hat in ihrer Karriere außerdem drei Podiumsplätze im Weltcup und zwei erste Plätze bei den italienischen alpinen Skimeisterschaften erreicht. Es ist sicher, dass Ceccarelli einen Platz in der Geschichte als eine der erfolgreichsten italienischen Skifahrerinnen aller Zeiten einnimmt.
Colturi stand schon auf Skiern, bevor sie laufen lernte, und ihre Begabung für diesen Sport war unübersehbar. Sie verbrachte ihre ersten Jahre auf Skiern in Sestriere und Les Deux Alpes und reiste sogar nach China und Südamerika, um mit ihrer Familie neues Terrain zu erkunden. In ihrer Jugend war Colturi nicht nur auf der Piste sportlich aktiv, sondern auch im Eiskunstlauf und im Tennis. Doch je älter sie wurde, desto deutlicher wurde ihr erstaunliches Talent auf den Skiern.
Schon während ihrer Juniorenkarriere wurde deutlich, dass sie das Potenzial hatte, es mit den Erfolgen ihrer Mutter aufzunehmen. Bei den Juniorenweltmeisterschaften 2023 gewann sie Gold und Bronze im Super-G und im Riesenslalom und 2024 noch einmal Bronze im Riesenslalom. Aufgrund ihrer auffallend schnellen Rennzeiten erhielt Colturi schon früh den Spitznamen "Speed Girl", dem sie in ihrer Profikarriere alle Ehre macht.
Als Colturi auf ihr Weltcup-Debüt zusteuerte, waren die Erwartungen, mit den Erfolgen ihrer Mutter gleichzuziehen, allgegenwärtig. Aber Colturi war noch nie jemand, der unter Druck einknickt.
Wandel durch Verletzung
Colturis Übergang auf die professionelle Bühne verlief alles andere als reibungslos. Während ihrer Debütsaison 2022 drohte eine schwere Knieverletzung bei den Weltmeisterschaften in Courchevel-Meribel ihre aufstrebende Karriere zu stoppen. Dieser Rückschlag hätte andere junge Athlet:innen negativ beeinflusst. Aber Colturi sah ihre Verletzung als eine Herausforderung, die es zu bewältigen galt. Ihre Rehabilitation wurde zu einem Beweis für ihre mentale Stärke und half ihr, eine neue Strategie für ihr Training zu entwickeln.
Colturi begann mit einem neuen Leistungszentrum zusammenzuarbeiten, das sich auf viel mehr als nur die körperliche Gesundheit konzentriert. Sie verfolgt jetzt einen ganzheitlichen Ansatz: "Ich weiß, wie wichtig der Geist beim Sport und beim Skifahren ist. Wir haben verschiedene Techniken, darunter Atemübungen, die ich sowohl im Training als auch im Rennen einsetze."
Aus dieser Zeit ist mehr als nur ein geheilter Sportler hervorgegangen. Colturi wurde zu einem Symbol für die Widerstandsfähigkeit junger Frauen im Sport und zu jemandem, der verstanden hat, dass Erfolg bedeutet, seine eigene Geschichte zu schreiben.
Unkonventionelle Wege
Colturi war schon immer anders veranlagt. Ein entscheidender Moment in ihrer frühen Karriere war eine unerwartete Entscheidung, die ihre gesamte sportliche Identität verändern sollte: Sie entschloss sich dazu, Albanien bei internationalen Wettkämpfen zu vertreten und löste sich damit von ihren italienischen Wurzeln.
Aufgrund der "Grundquote", die von allen nationalen Skiverbänden festgelegt wurde, konnte Colturi die albanische Flagge für sich beanspruchen und mit 15 Jahren als jüngste Skifahrerin seit über 45 Jahren in den Weltcup einsteigen.
Dies war nicht nur eine sportliche Entscheidung, sondern auch ein Statement der Unabhängigkeit. Indem sie sich Albanien anschloss, änderte Lara nicht nur die offizielle Repräsentation im Wettbewerb - sie erklärte damit auch ihre Absicht, ihre eigene Geschichte zu schreiben. Während Milano Cortina 2026 immer näher rückt, möchte Colturi die zweite Frau werden, die Albanien bei den Olympischen Winterspielen vertritt, und die Erwartungen und Vergleiche zwischen der Karriere ihrer Mutter und ihrer eigenen weiter zurückschrauben.
Erfolg zu Beginn der Saison
Der Beginn der alpinen Skisaison 2024 ist ein wichtiger Meilenstein in Colturis Karriere und zeigt, dass sich ihre mutigen Entscheidungen in Wettbewerbserfolgen niederschlagen. Im November 2024 lieferte sie eine herausragende Leistung ab, die eine klare Botschaft an die Skiwelt sendete: Sie belegte beim FIS Ski Alpin Weltcup in Gurgl, Österreich, einen bemerkenswerten zweiten Platz knapp hinter der amerikanischen Skilegende Mikaela Shiffrin.
Colturi: "Es kam ziemlich unerwartet, aber vielleicht war einer der Vorteile für mich, dass es eine neue Piste auf der Tour war und die anderen Mädchen sie genauso entdecken mussten wie ich."
Auf diesen Durchbruch aufbauend, hat Colturi weiterhin ihre Beständigkeit und ihr wachsendes Talent unter Beweis gestellt. Bei den folgenden Rennen in Killington, Vermont, blieb sie konkurrenzfähig und platzierte sich beim Slalom und Riesenslalom unter den ersten zehn.
Jedes Rennen ist ein weiterer Schritt auf Colturis Reise, um zu zeigen, wie Entschlossenheit, technisches Können und das Streben nach Authentizität die Erwartungen verändern können.
Ich will bei den Rennen mein Bestes geben, mich auf die Leistung konzentrieren und Spaß haben.
Ein Blick in die Zukunft
Für Colturi haben ihre Erfolge in Gurgl und Killington zu Beginn der Saison keinen Einfluss auf ihren konzentrierten Ansatz. Sie sind sogar eine Bestätigung dafür, dass sie auf dem richtigen Weg ist. Colturi meint selbst: "Meine Strategie hat sich nicht wirklich geändert. Ich will bei den Rennen mein Bestes geben, mich auf die Leistung konzentrieren und Spaß haben. Ich wusste, dass ich im Training schnell war, aber jetzt habe ich gelernt, dass ich auch im Rennen sehr schnell sein kann. Und das ist eine gute Sache."
Für junge Frauen, die ihren Weg verfolgen, ist Colturi mehr als nur eine Sportlerin. Ihre Geschichte zeigt, dass es nicht darum geht, ererbte Standards zu erfüllen, sondern das Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten.
Während sie weiter an Wettkämpfen teilnimmt, rast Colturi nicht nur die Berge hinunter. Sie bahnt den Weg für eine Generation von Athlet:innen, die verstehen, dass Erfolg nicht darin liegt, in Fußstapfen zu treten, sondern ganz neue Wege zu gehen.
Wie geht es für Colturi weiter? "Ich möchte mich weiter verbessern, schneller und beständiger werden. Ich möchte mich auf kurzfristige Ziele konzentrieren, Schritt für Schritt vorgehen und weiterhin Spaß auf den Skiern haben", sagt sie.
Ach ja, und natürlich will sie ihren Führerschein machen. Colturi ist schließlich eine ganz normale 18-Jährige.