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Wingsuit Flying
Peter Salzmann verschiebt die Grenzen des menschlichen Fluges
Weltrekord: Die Insider-Geschichte des längsten Fluges mit einem Wingsuit-Foil vom 37-jährige Salzburger Peter Salzmann.
Der österreichische Wingsuit-Pilot Peter Salzmann hat sich gerade mit einem Rekordflug in die Annalen des menschlichen Flugs eingetragen, der die Grenzen des Abenteuers in der Luft neu definieren könnte. Am Donnerstag, den 24. Oktober 2024, sprang Salzmann mit einem bahnbrechenden Wingsuit-Foil von einem Felsvorsprung an der Schweizer Jungfrau in 4.063 Metern Höhe. Kurz nach dem Absprung erreichte er eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h und flog fast sechs Minuten lang ohne Motorantrieb. Dabei legte er eine Strecke von 12,5 Kilometern zurück, bevor er seinen Fallschirm öffnete und sicher auf dem Boden zwischen Lauterbrunnen und Interlaken landete.
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Flug der Rekorde
Der Sprung von Peter Salzmann stellte neue Weltrekorde für die längste B.A.S.E.-Flugzeit von 5:56 Minuten und die längste B.A.S.E.-Flugdistanz von 12,5 km auf. Außerdem stellte der Sprung mit einem Höhenunterschied von 3.402 Metern einen neuen Rekord für den größten Höhenunterschied vom Start bis zur Landung eines B.A.S.E.-Sprung ever auf. Möglich macht das eine neue Technologie, die Ergebnis einer intensiven dreijährigen Zusammenarbeit von Peter Salzmann und dem Wingsuit-Foil-Entwickler Andreas Podlipnik – sowie der Unterstützung des Ingenieurteams von Red Bull Advanced Technologies, das ihr Wissen in Sachen Formel 1 und Aerodynamik eingebracht hat.
"Jeder hat seine Leidenschaft. Für mich ist es das Fliegen."
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Peter Salzmann schreibt Wingsuit-Geschichte
Es war schon immer der Traum von Peter Salzmann, die Grenzen des menschlichen Fliegens zu verschieben, nachdem er zum ersten Mal mit dem Spiel der Kräfte in der Luft in Berührung gekommen war. Genau das war die Motivation, die den Salzburger die vergangenen Jahre auf dieses große Ziel hat hinarbeiten lassen. Mit seinem Rekordsprung in der Schweiz hat Peter Salzmann nicht nur drei neue weltweite Bestmarken erreicht, sondern auch Geschichte geschrieben.
"Ich habe Jackie Chan geliebt und wollte immer Stuntman werden", erzählt Peter Salzmann. "Mein Freund und ich haben als Kinder immer Stunts geübt. Nicht nur Sprünge, sondern auch koordinative Dinge, Balancieren, alles, was deinen Körper fordert."
Damals mag es wie ein Kindheitstraum erschienen sein. Niemand, den Peter Salzmann kannte, flog mit dem Gleitschirm oder sprang mit dem Fallschirm. Aber er machte weiter, steigerte seine Sprünge von 20 m auf 25 m und 30 m und machte Kunststücke, wie aus einem fahrenden Auto zu springen oder von einem Auto mitgeschleift zu werden. Tief im Inneren war er süchtig nach dem Gefühl des freien Falls und begann im Alter von 20 Jahren mit dem Fallschirmspringen. Achtzehn Monate später machte er seinen ersten B.A.S.E.-Sprung. "Ich hatte das Gefühl: 'Das ist es'", erinnert er heute noch an diesen prägenden Moment.
Heute ist der 37-jährige Österreicher ein bekannter Wingsuit-Flieger, der nie lange auf dem Boden bleibt, bevor er sich in sein nächstes Abenteuer stürzt. "Wenn ich auf dem Boden bin, sehne ich mich nach dem, was ich nicht tun kann", sagt Salzmann über seinen Wunsch, in der Luft zu sein. "Jeder hat seine Leidenschaft. Für mich ist es das Fliegen."
"Ich habe Jackie Chan geliebt und wollte immer Stuntman werden."
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Die Technik hinter dem Gefühl
Dabei hat er ein ganz wichtiges Equipment immer mit dabei – einen Wingsuit: Ein Wingsuit ist eine unterstützende Sprungkleidung, die getragen wird, um die Leistung und die Kontrolle eines Sportlers im freien Fall zu verbessern. Zwischen Händen und Füßen befinden sich Flügel und zwischen den Beinen ein großer Flügelbereich, der sich aufbläst und ein Flügelprofil entwickelt, das dem Träger hilft, vorwärts zu fliegen und horizontale Strecken zurückzulegen.
Vor einem Sprung ist Peter Salzmann so konzentriert, dass er nicht viel Zeit zum Nachdenken hat. "Du bist im Moment, und es gibt kein Zurück in deinem Kopf", sagt er. Die mentale Vorbereitung - das Durchgehen jedes Winkels und eine Menge Visualisierungstechniken - beginnt schon, bevor Salzmann zum Sprungplatz reist. "Wenn in deinem Kopf alles glatt läuft, dann ist alles bereit", betont der Salzburger. Es kann auch sein, dass ich nicht springe. "Wenn ich das Gefühl habe, dass es vielleicht heute doch nicht das Richtige ist zu springen, dann lasse ich es lieber bleiben", erklärt Peter Salzmann um sein Wissen, dass die Gefahr und das Risiko allgegenwärtig ist und es wichtig ist, die Situationen und das Wetter richtig einschätzen zu können. "Bei einem schwierigen Sprung messe ich die Daten und höre beim Absprung auf mein Bauchgefühl, auch wenn die Daten gut sind, und wenn dein Bauchgefühl sagt, dass es heute nicht das Richtige ist, musst du stark genug sein, es nicht zu tun und wieder runterzugehen", gewährt Peter Salzmann persönliche Einblicke.
Trotz der Risiken spielt bei Peter Salzmann der Adrenalin-Kick keine große Rolle mehr. "Was du hast, ist die intensivste Konzentration, die du dir vorstellen kannst", erklärt der Weltrekord-Halter. "Du bist so fokussiert, dass du dich von außen sehen kannst und dir vorstellst, wie du fliegst. Physiologisch gesehen hast du die volle Körperspannung, aber die Angst spielt keine Rolle. Ich sage immer, wenn ich Angst habe, ist das eigentlich ein Warnzeichen. Es hindert mich daran, etwas Dummes zu tun."
"Man hat die intensivste Konzentration, die man sich vorstellen kann."
Es hilft, dass er vorher recherchiert, indem er das Internet nach Fotos und Videos einer potenzieller Sprung-Location durchforstet und ihn durchspielt, bevor er sich in die Nähe davon begibt. Für das aktuelle Wingsuit-Foil-Projekt für seinen Rekordsprung hat Peter Salzmann verschiedene potenzielle Absprungpunkte ganz genau beleuchtet, bevor er sich für einen Felsvorsprung auf 4.063 m Höhe an der Nordseite der Jungfrau, dem höchsten Gipfel der Region Interlaken in der Schweiz, entschied.
"Schließlich gehe ich den Sprung noch einmal mental durch, konzentriere mich und gehe auf die Kante zu. Die Konzentration ist so stark, dass mich jeder Zweifel, zum Beispiel ob ich den Fallschirm richtig gepackt habe, völlig aus dem Konzept bringen würde. Nicht nur ein bisschen, sondern komplett. Aber das passiert nicht, weil du dir selbst und deiner Ausrüstung vertraust, sodass du konzentriert bleiben kannst." Auch körperlich arbeitet man in der Vorbereitung auf den Sprung-Moment hin: Mit einem täglichen Core-Work-Training in Kombination mit Yoga von zehn bis 20 Minuten, bereitet sich Peter Salzmann auf ein Projekt vor.
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Es geht "nicht wirklich um Rekorde"
Bei der Innovation im Wingsuit-Fliegen geht es um das große Ganze, nicht um einen einzelnen Rekord. Peter Salzmann betont, dass es vor allem seine Fähigkeit zur Innovation sei, die für ihn den Sport frisch hält und ihm ein Gefühl des Erfolgs gibt. "Ich möchte Dinge voranbringen, etwas weiterentwickeln und mich nicht mit dem aktuellen Stand der Entwicklung zufrieden geben", unterstreicht der Salzburger.
So entstand das einzigartige Wingsuit-Foil-Projekt, bei dem Peter Salzmann direkt mit dem Designer Andreas Podlipnik zusammenarbeitete, um einen Wingsuit zu entwickeln, der längere Strecken als je zuvor zurücklegen kann. "Mir geht es nicht wirklich um Rekorde", sagt er. "Mir geht es mehr um die Innovation und die Entdeckung neuer Fluggeräte. Es wäre toll, eine Schlagzeile zu haben wie: Red Bull und Peter Salzmann entwickeln neues, innovatives Fluggerät, das die Leistung beim Fliegen immens verbessert". Nach dem Rekord-Flug kann man getrost sagen: Mission completed!
Was die Zukunft angeht, erklärt Peter Salzmann, dass es "schwer vorstellbar wäre, irgendwann nicht mehr in der Luft zu sein. Er könne sich das Gleitschirmfliegen auch mit 80 Jahren noch vorstellen, selbst wenn er keine Wingsuits mehr fliegt. Und dann gibt es natürlich noch die Hochgebirgssprünge im Himalaya und anderswo, die tagelanges Wandern, Akklimatisieren und Schlafen auf 6.000 m erfordern. "Das ist ein großes Ziel und eine Leidenschaft von mir", sagt der Salzburger und zeigt, dass er sich nach dem Weltrekord-Flug schon wieder neue Ziele gestreckt hat.
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Alles über Wingsuit Foils
Was ist ein Wingsuit? Wie funktionieren Wingsuits?
Wingsuits bestehen aus Ripstop-Nylon und haben drei Flügel: zwei zwischen Armen und Rumpf und einen zwischen den Beinen. Wingsuits erzeugen Auftrieb, der den Sinkflug des Trägers verlangsamt und einen horizontalen Gleitflug ermöglicht. Die Form und das Design des Wingsuits vergrößern die Oberfläche und fangen Luft ein, um Auftrieb zu erzeugen und einen kontrollierten Flug zu ermöglichen. Der Wingsuit-Pilot kann die Richtung und die Geschwindigkeit des Fluges kontrollieren, indem er den Winkel und die Form des Wingsuits verändert.
Was ist der Wingsuit Foil und wie ist es aufgebaut?
Der Wingsuit Foil hat eine Spannweite von 2,1 Metern und besteht aus einer Sandwich-Konstruktion mit einem Schaumstoffkern und 3D-gedruckten Komponenten. Es wird am vorderen Torso des Wingsuit-Piloten befestigt. Die Idee wurde von Flügeln und Tragflächen inspiriert. Der Sportler Peter Salzmann, der Wingsuit-Foil-Entwickler Andreas Podlipnik und Red Bull Advanced Technologies arbeiteten bei der Entwicklung zusammen. Die Entwicklung des Wingsuit Foils dauerte etwa drei Jahre, vom ersten Konzept bis zum endgültigen Flügeldesign. In dieser Zeit wurden sechs verschiedene Prototypen entwickelt und getestet. Vor den Tests in der Luft wurden die ersten Flüge im Indoor-Wingsuit-Tunnel in Stockholm durchgeführt.
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Wer hat den Wingsuit-Foil entwickelt?
Die noch nie dagewesene Technologie des Wingsuit Foils ist das Ergebnis einer gemeinsamen Entwicklung vom Salzburger Peter Salzmann und dem Wingsuit Foil-Entwickler Andreas Podlipnik sowie der Unterstützung durch das Ingenieurteam von Red Bull Advanced Technologies mit Sitz in Großbritannien . Red Bull Advanced Technologies hat mit seinem Wissen über Formel 1 und Aerodynamik dazu beigetragen, die effizienteste Flügelkonfiguration, das Profil des Foils, die Geometrie, die Größe, den Abstand zum Körper und andere Parameter zu finden, um die Leistung zu maximieren.
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Das ist Peter Salzmann
Der Salzburger Peter Salzmann ist ein Wingsuit-Pilot der Weltklasse, bekannt nicht nur für die bemerkenswerten Flüge, die er auf der ganzen Welt absolviert hat, sondern auch für seine Fähigkeiten als Luftkameramann und für seine Leidenschaft, mithilfe von Technologie die Grenzen des menschlichen Fliegens zu erweitern. Seine Reise begann als Kind, als er vom Balkon seiner Eltern auf Kissen sprang – und entwickelte sich zu Fallschirmspringen und B.A.S.E.-Jumping im Alter von 20 Jahren. Von frühen Sprüngen von einer 110 Meter hohen Brücke in Kroatien bis zu einer 1.000 Meter hohen Felswand in Italien sammelte Peter schnell über 500 Sprünge weltweit. Sein Fokus verlagerte sich dann auf das Wingsuit-Fliegen, wo er nun zur rasanten Weiterentwicklung dieses Sports beiträgt, indem der heute 37-Jährige sein Fachwissen in den Bereichen Wetter, Aerodynamik und Geografie nutzt, um ganz neue Locations und Flugrouten zu entdecken.