1. Sehen, Beobachten, Begreifen, Visualisieren
Schaut euch die Griffe und Tritte gut an und versucht zu analysieren, welche ihr wie verwenden wollt. Erfahrung spielt dabei zwar eine große Rolle, aber je früher man anfängt, das Auge zu schulen, desto schneller wird man Fortschritte machen. Nicht nur bevor man in die Route einsteigt, auch währenddessen macht es Sinn aus einer komfortablen Grundposition die Situation einzuschätzen und immer wieder neu zu beurteilen. Die nächsten Züge sollen gut geplant sein, damit man mit möglichst wenig Kraftaufwand auch durch schwierige Teile der Route klettern kann und nicht ins Stocken gerät.
Diese Regel ist besonders wichtig: Je schwieriger eine Passage ist, desto schneller sollte man sie überwinden. Langes Halten und Ziehen an „schlechten“ Griffen kostet Kraft. Zwar klettert man nicht auf Geschwindigkeit und oben anzukommen ist das Ziel, aber die richtige Relation zwischen Schnelligkeit und Ruhephasen zu finden ist wichtig. Später geben dir wir noch einen Tipp, wie du möglichst kraftsparend ausruhst.
2. Saubere Beinarbeit führt dich zum Ziel
Eine der wichtigsten Regeln im Klettern: Die Beine sollten den Großteil der Arbeit machen, die Arme unterstützen die Balance – ein ökonomischer Kletterstil zeichnet sich durch gestreckte Arme und gebeugte Knie aus. Viele Anfänger und unerfahrene Kletterer versuchen die Routen mit Kraft zu bezwingen und scheitern so sehr oft, obwohl mit der richtigen Technik alles viel einfacher gehen könnte. Wichtig ist dabei, dass man die richtigen Tritte wählt, damit die Beine möglichst immer die Hauptlast tragen können.
Der Körperschwerpunkt, der sich irgendwo hinter dem Bauchnabel befindet, muss so über dem Tritt platziert werden, dass man mit einer Hand loslassen kann, ohne seitlich wegzukippen. Die richtige Trittwahl kombiniert mit einer optimalen Körperposition wirkt Wunder, ist aber mit viel Übung verbunden. Auch auf die Armposition solltest du achten. Je mehr man im langen Arm, das heißt mit gestrecktem Arm ohne Winkel, greift, desto kraftsparender ist man unterwegs. Achte das nächste Mal darauf und du wirst sehen, welch einen Unterschied dieser kleine Tipp macht.
3. Greif (richtig) zu!
Wichtig sind beim Greifen grob gesagt zwei Dinge: Erstens, wähle den Griffe nie zu hoch! Aus einer überstreckten Position lässt sich kaum Kraft aufbauen und die Balance leidet ebenfalls darunter – richtig erkannt, Punkt eins verbietet uns die extreme Überstreckung, weil die saubere Beinarbeit unweigerlich verloren geht.
Zweitens ist es sehr wichtig, den Körper in die richtige Position zu bringen, um die Griffe optimal belasten zu können. Bei Griffen, die direkt nach unten belastet werden, gehört der Körper mehr oder weniger unter den Griff, bei Seitgriffen aber auf der griffabgewandte Seite neben den Griff beziehungsweise schräg unter den Griff. Grundsätzlich sollte man versuchen, abwechslungsreich zu greifen und so die schnelle Ermüdung der Muskulatur zu verhindern. Das heißt man sollte nicht nicht nur auf Zug greifen, sondern auch stützen und stemmen. Ausprobieren hilft hier enorm und schnell wirst du erkennen, wie du am besten Reibung aufbauen kannst.
Viele Anfänger greifen sehr verkrampft und halten die Griffe viel fester als es eigentlich notwendig wäre. Dies wirkt sich natürlich auf den gesamten Körper aus und ein verkrampfter Kletterstil, der unnötig viel Energie verbraucht, ist die Folge. Versuche bewusst ganz entspannt an die Sache heran zu gehen und die Griffe so locker wie möglich, aber so fest wie nötig festzuhalten. Wenn deine Beine gut arbeiten, merkst du das in den Händen sofort und zu musst in vielen Fällen nur stabilisieren und deinen Körper bei der Wand halten. Üben kannst du dies gut in Bodennähe oder an der Boulderwand.
4. Rasten am langen Arm, Ruhepunkte finden und nützen
Wie schon früher angesprochen, ist es wichtig, schwierige Passagen gut vorzuplanen und schnell hinter sich zu lassen. Gleichzeitig sollte man sich auch Ruhepunkte suchen, wo man wieder Kraft sammeln und den weiteren Verlauf der Route planen kann. Wenige Routen verlangen von unten nach oben 100% und man kann sich am bestimmten Stellen gut ausrasten. Dazu hängt man immer am „langen Arm“, das heißt der Arm ist gestreckt und so entspannt wie möglich. Die Beine wirken wieder stark unterstützend, damit man möglichst kraftsparend am Griff hängen kann. Zum Ruhen lässt man den freien Arm einfach nach unten hängen und schüttelt ihn aus. Ist der Griff groß genug, besteht die Möglichkeit gleich am Griff die Hand zu wechselt, so dass beide Arme abwechselnd entlastet werden.
Im Zweifel kannst du dich auch ins Seil (vor allem wenn man Toprope klettert) setzen und ausruhen. Besonders vor der Crux, also der Schlüsselstelle einer Route, kann das anfangs Sinn machen, um dann mit Elan die schwierige Passage zu bezwingen – je fitter und fortgeschrittener man jedoch wird, desto mehr sollte man versuchen, ohne diese Hilfsoption durchzusteigen. Kraftsparend wirkt sich auch Pendeln aus. Eine dynamische Ausholbewegung hilft, (weite und offene) Züge kraftsparend zu überwinden.
5. Die Bewertung verstehen – aber keinen Respekt zeigen
Wer neu in die Kletterszene einsteigt wird schnell merken, dass hier viel mit Zahlen und Buchstaben herumgeworfen wird. Diese geben die Schwierigkeit einer Kletterroute an und üblicherweise unterscheidet man zwei Skalen: die französische Routenbewertungssystemarbeitet mit Ziffern von eins bis neun und um die Anforderungsunterschiede zu verfeinern, werden die Buchstaben von a bis c sowie das Pluszeichen eingeführt verwendet. Das UIAA (Vereinigung der Alpinistenvereine) Bewertungssystem weist mittels römischer Ziffern und einem Plus- sowie einem Minuszeichen (zur Auf- oder Abwertung) auf die Schwierigkeit hin.
Soviel zu Theorie, in der Praxis verhält sich diese Bewertung jedoch ein wenig subjektiver. Routen können hoch bewertet sein, trotzdem kannst du sie schaffen, weil sie dir und deinem Kletterstil einfach liegen können. Andererseits kann es natürlich aus sein, dass eine „leicht“ bewertete Route für dich schwieriger ausfällt. Also einfach ausprobieren, die Komfortzone verlassen und dein Limit pushen, vor allem beim Bouldern. Hier ist das Risiko niedriger und wenns nicht klappt, dann machen schwere Züge auch unweigerlich stärker.