Alinghi Red Bull Racing
© Samo Vidic / Alinghi Red Bull Racing
Segeln

Die Unterschiede zwischen den sechs Segelbooten des nächsten America's Cup

Die AC75 der verschiedenen Teams unterscheiden sich doch wesentlich... Wer wird am besten abschneiden? Ein kurzer Überblick.
Autor: Axon Translate
7 min readPublished on
Die 37e Auflage des America´s Cup ist wie nie zuvor ein Wettbewerb von Schiffsarchitekten und Ingenieuren. Dies zeigt das Verhältnis der Zahl von Regattaseglern an Bord der Segelboote zu den Mitgliedern des Designteams von jeder Mannschaft. Von den 150 Personen umfassenden Teams nehmen nur 10 % direkt am Rennen teil. Ein Verhältnis, das an die Welt der Formel 1 erinnert, bei der zwei Fahrer pro Mannschaft im Wagen sitzen und sich Hunderte von Ingenieuren und Mechanikern um deren Leistung kümmern.
Und wie in der Formel 1, bei der den Teams einheitliche Reifen zur Verfügung gestellt werden, gibt es bestimmte Elemente bei den AC75, die ebenfalls „typisiert“, das heißt für alle Mannschaften gleich sind und in die Kalkulation der Konstrukteure und Ingenieure einzurechnen sind: der Oberteil der Foils, ihre Stellantriebe und der Mast.
Die vom jeweiligen Team getroffene Auswahl ist schwierig zu interpretieren, da die Verbindung zwischen allen Details entscheidend ist.
BoatOne im Foil-Training

BoatOne im Foil-Training

© Samo Vidic / Alinghi Red Bull Racing

Strenges Reglement

Die AC75 des America´s Cup 2024 beruhen auf einem Reglement in einer zweiten Auflage. Drei Generationen von Segelbooten folgten aufeinander:
  1. Die erste Generation bestand aus den Test- und Entwicklungsbooten, die für die 36. Auflage des America´s Cup entwickelt wurden, die im März 2021 in Auckland ausgetragen wurde.
  2. Die zweite Generation der AC75 nahm am Wettbewerb von 2021 teil.
  3. Und die dritte Generation für den 37. America´s Cup hatte zwischen April und Mai Stapellauf..
Alinghi Red Bull Racing

Alinghi Red Bull Racing

© Samo Vidic / Alinghi Red Bull Racing

Worin bestehen die wesentlichen Unterschiede zwischen diesen drei Generationen von Segelbooten?
  • Der grösste Unterschied des Reglement von 2021 und dem jetzigen ist die Reduzierung der Zahl der Mannschaftsmitglieder von 11 auf 8 Personen.
  • « Cyclors » “, die strampeln, um die erforderliche Energie für die Manöver zu erzeugen, stellen ebenfalls eine erhebliche Änderung dar und waren für alle eine Überraschung.
  • Die Boote sind in diesem Jahr um rund 700 kg leichter (Schätzung) im Vergleich zu den Vorgängern, wodurch die Fläche der Foils erheblich reduziert werden konnte.
2024: Arthur Cevey vom Team Alinghi Red Bull Racing konzentriert sich intensiv beim Training in Barcelona.

Das Training in Barcelona

© Olaf Pignataro / Alinghi Red Bull Racing

Alle Mannschaften, mit Ausnahme von Alinghi Red Bull Racing und Orient Express Racing Team, verfügen über Erfahrungen aus dem letzten America´s Cup, um ihre neue Ausrüstung zu entwickeln. Bei dieser Auflage ist nur eine einzige Konstruktion erlaubt. Das Schweizer Herausfordererteam erwarb daher die BoatZero (die erste von den Neuseeländern erste AC75), um zu trainieren und die BoatOne zu entwickeln. Die Franzosen handelten mit den Kiwis ein Design Package aus, um nicht bei Null beginnen zu müssen und Zeit zu sparen.

Eile mit Weile!

Die Herausforderung für jedes Segelboot besteht zum einen in der schieren Geschwindigkeit auf geradem Kurs und zum anderen in der Fähigkeit, die Übergänge und Abfolge der Manöver zu bewältigen, ohne zu viel Zeit zu verlieren. Wenn man wieder einen Vergleich mit dem Automobilsport heranzieht: Jedes Fahrzeug muss natürlich schnell fahren können, aber auch möglichst spät bremsen können, am Kurvenausgang wieder beschleunigen können usw. Die Optimierung der Leistung eines Boliden beruht auf einer Analyse einer gesamten Rennrunde, und nicht auf einer geraden Strecke. Ein Ansatz, der eine globale Sicht erfordert und ziemlich komplex ist.
Maxime Bachelin (L) and Simeone Busonero (R) of Alinghi Red Bull Racing seen prior to the first towing test of BoatOne in Barcelona, Spain on April 17, 2024.

Maxime Bachelin, Simeone Busonero

© Samo Vidic / Alinghi Red Bull Racing / Red Bull Content Pool

In dieser Hinsicht müssen die AC75 schnell sein, aber auch stabil, wenn sie abheben. Sie müssen früh abheben und im Feld stark beschleunigen, nicht beim „Touchdown“ des Rumpfes auf dem Wasser abstoppen, sauber zu manövrieren sein usw. Die Teams haben mehr oder weniger radikale Designentscheidungen getroffen, die sich nach ihren unterschiedlichen Erfahrungen und den Bedingungen des neuen Reviers von Barcelona richten

Sichtbare Eigenschaften der neuen AC75

In diesem Stadium, in dem alle Boote vorgestellt wurden, kann man feststellen, dass die Aerodynamik extrem ausgefeilt ist. Kaum überraschend bei Segelbooten, die Geschwindigkeiten von knapp 100 km/h erreichen. Die Lenkung der Luftströme unter- und oberhalb des Rumpfs ist entscheidend bei der Gesamtkonzeption und war bei den Überlegungen der Ingenieure ausschlaggebend.
Unterwasserschiff
Das Unterwasserschiff ist der Teil eines Segelboots, der in Kontakt mit dem Wasser ist, der also im Wasser liegt, wenn das Boot nicht „foilt“. Es ist so konzipiert, dass es das Abheben begünstigt und den hydrodynamischen Widerstand und somit den Geschwindigkeitsverlust bei einem „Touchdown“ reduziert. Die Unterschiede zwischen den Rümpfen der verschiedenen Teams sind recht markant und zeigen die verschiedenen Ansätze.
2024 wird das AC75-Boot von Alinghi Red Bull Racing auf der Basis in Barcelona enthüllt.

Alinghi Red Bull Racing enthüllt das AC75-Boot

© Samo Vidic / Alinghi Red Bull Racing

Der Bug der Britannia (GBR) ist beispielsweise recht voluminös und der Boden des Mittelrumpfs (der sogenannte „Bustle“) ist tiefer als bei den anderen Booten. Dieser zeichnet sich durch einen Bruch vor dem Ruder (Teil im Wasser, der zum Steuern dient) aus, was ebenfalls eine Besonderheit des Boots darstellt.
Die Taihoro (NZL) weist wiederum einen geraden Bustle über nahezu die gesamte Länge des Bootes auf, der in einer Spitze endet.
Die BoatOne (SUI) von Alinghi Red Bull Racing weist am Heck mehr Volumen auf als die anderen Boote.
Der mehr oder weniger trichterförmige Bug ist ebenfalls bei jedem Boot spezifisch ausgebildet.
Die Patriot 2 (USA) zeigt, dass ziemlich radikale Entscheidungen in puncto Ergonomie getroffen wurden. Die liegende Position der „Cyclors“ ermöglichte ein Absenken des Decks und die Wahl von breiteren Cockpits. Das Duo aus Steuermann und Trimmer sitzt nebeneinander, während es bei der Konkurrenz hintereinander sitzt. Vorteile dieser Konfiguration: weniger Volumen des aerodynamischen Widerstands, mittige Anordnung der Gewichte und Verlagern des Schwerpunkts nach vorne. Nachteil ist die geringere Effizienz der Übertragung der Energie der „Power Group“.
Marco Odermatt

Marco Odermatt

© Olaf Pignataro / Alinghi Red Bull Racing

Bemerkenswert ist noch das verglaste Cockpit der Luna Rossa (ITA), das dem Trimmer einen Panoramablick auf die Takelage ermöglicht, ohne die Aerodynamik zu beeinflussen. Der Steuerstand sieht wie das Cockpit eines Jagdfliegers aus. Ausschließlich die Italiener entschieden sich für diese Lösung.
Die BoatOne von Alinghi Red Bull Racing weist in ihrer DNA ebenfalls zwei markante Eigenschaften auf. Einerseits ausladende Volumina an Deck oberhalb des Bugs und andererseits die Rückseite der Cockpits, die in einem vertikalen Flügel auf dem Rumpf endet. Formen, die sicherlich entwickelt wurden, um die Luftströme um die Segel herum auf Deckshöhe zu optimieren.

Was können wir daraus schliessen?

Man könnte sich noch wesentlich länger mit all diesen Unterschieden beschäftigen. Aber der optische Vergleich liefert in der Tat keinerlei Antwort bezüglich der Leistung von jeder AC75. Der Schiffsarchitektur Mathieu Verrier des Konstruktionsbüros VMG Yacht Design in Lausanne bestätigt diese Auffassung. „Es ist zu begrüßen, dass die Boote stark unterschiedlich sind. Das zeigt, dass jedes Team eigene Überlegungen angestellt hat und mehrere Richtungen möglich sind. Es ist aber vollkommen unmöglichen, Schlussfolgerungen bezüglich der gewählten Optionen und ihrer direkten Auswirkung auf die Leistung zu ziehen. Dazu kommt noch alles, was nicht oder kaum sichtbar ist, etwa die Trimmanlagen, die verschiedenen Regelsysteme und die Art und Weise, wie Software und Besatzung das gesamte System steuern. Die Elemente sind tausendfach miteinander verknüpft und vielköpfige Teams haben über ein Jahr lang an diesen Konzepten gefeilt. Solange man nicht den übergeordneten Ansatz für das Konzept kennt, kann man nicht sagen, was besser oder weniger gut ist. Man muss abwarten und beobachten. “
Hans-Peter Steinacher, Mitglied des Beratungsteams von Alinghi Red Bull Racing, meinte hierzu vor ein paar Wochen: „Die BoatOne stellt kein radikales Design dar. Die Leistung ist auf viele Details zurückzuführen. “
Alinghi Red Bull Racing AC75 BoatOne aus der Schweiz mit Arnaud Psarofaghis und Maxime Bachelin tritt am 4. Juni 2024 in Barcelona, Spanien, auf.

Alinghi Red Bull Racing Boat one 2024

© Loris von Siebenthal / Alinghi Red Bull Racing

Eine Aussage, die vermuten lässt, dass das Design einer AC75 auf Risikomanagement beruht. Jede Option, für die man sich entscheidet, wirkt sich auf die Gesamtheit aus. Und jedes Team räumt bestimmten Parametern Vorrang ein, die es als wichtiger betrachtet als andere.
Die Fachpresse und die Berichte der „Recons“ (neutrale Beobachter, die von der Organisation des America´s Cup benannt werden), die in die Öffentlichkeit gelangen, enthüllen einige Informationen zu den besonderen Eigenschaften von jedem Boot.

Erste Antworten von 22. bis 25. August

Nur eine direkte Konfrontation ermöglicht Analysen, ob die gewählten Optionen richtig waren oder nicht, und ihrer Auswirkungen auf die Leistung. Erste Antworten gibt es von 22. bis 25. August in Barcelona. Die dritte Etappe der Preliminary Regattas wird dann auf den AC75 des America´s Cup stattfinden. Auf diese erste direkte Konfrontation warten alle.
Alinghi Red Bull Racing: Alles, was du über den America's Cup wissen musst! HIER.