Gaming
Als der studierte Mathematiker Richard Garfield 1993 das Sammelkartenspiel Magic: The Gathering veröffentlichte, konnte wohl niemand ahnen, welchen Hype das Spiel auslösen würde. Dabei war Magic (oder kurz MTG) eigentlich nur eine Notlösung für den US-Amerikaner.
Nachdem Garfield bereits mit 13 Jahren sein erstes Spiel – inspiriert durch Dungeons & Dragons – entwickelte, kam er Anfang der 1990er Jahre auf eine neue Idee zu einem Spiel namens RoboRally. Als er sein Projekt dem damals in der Krise steckenden Verlag Wizards of the Coast anbot, lehnte dieser das Konzept ab, da die Produktionskosten einfach zu hoch waren.
Also suchte der damals noch unbekannte Spieleentwickler nach einem kostengünstigen Spiel mit hohen Erfolgsaussichten. Die Geburtsstunde von Magic: The Gathering, welches das erste Sammelkartenspiel überhaupt markierte und anfangs eigentlich nur die Finanzierung von RoboRally sicherstellen sollte. Doch es kam ganz anders: Die Finanzierung gelang und Garfields ursprüngliches Spiel erschien 1994, doch an den unglaublichen Erfolg von Magic konnte RoboRally niemals anknüpfen. Der Erfolg war sogar so groß, dass Wizards 1997 von Hasbro gekauft wurde und Garfield seine Brötchen nicht mehr mit Algebra und mathematischen Funktionen verdienen musste.
Magic: The Gathering – so einfach und so genial
Magic: The Gathering wurde als schnelles Spiel für zwischendurch konzipiert und sollte neben Pen-&-Paper-Spielern vor allem Schüler und Studenten ansprechen, die in der Pause ein wenig Ablenkung suchten. Dabei ist die es vor allem die einfache Grundidee, die Magic zu einem solch genialen Erlebnis macht, welches immerhin auch heute – 25 Jahre nach dem Erscheinen – immer noch Fans generiert:
Im Spiel übernehmen zwei oder mehr Spieler die Rollen von Zauberern, den Planeswalkern, die in der Lage sind, durch unterschiedliche Welten zu reisen und so die verschiedensten Zauber zu erlernen und Wesen für ihre Zwecke zu rekrutieren. Der erste Planeswalker, der bis heute ein Liebling der Community ist, war Jace Beleren. Er ist ein Meister der Mentalmagie, Illusion ist sein Metier. Erstmals tauchten Planeswalker Karten in der Lorwyn Edition von 2007 auf. Planeswalker Karten existieren noch heute und erfreuen sich bei Fans größter Beliebtheit.
Dabei griff Magic: The Gathering erstmals auf Mechaniken zurück, die noch heute im Genre der Sammelkartenspiele Bestand haben: Jeder Spieler stellt ein Deck aus seinen Karten zusammen, mit dem er gegen seinen Gegner antritt. Die Grundidee liegt darin, die Lebenspunkte (üblicherweise 20) des Gegenspielers durch geschickte Züge auf null zu bringen, um so die Partie für sich zu entscheiden.
Die Welt von Magic gliedert sich in die Lehre der fünf Farben, die in etwa der mittelalterlichen Vorstellung der Vier-Elemente-Lehre entspricht. Die fünf Farben von Magic entsprechen jeweils bestimmten moralischen Werten und Spieltaktiken:
- Weiß steht für Gerechtigkeit
- Schwarz steht für Nekromantie
- Grün steht für die Kraft der Natur
- Blau steht für Kontrolle
- Rot steht für Emotion
Vielfalt der Welt und Karten entzücken Fans
Doch worin liegt die Faszination von Magic: The Gathering? Ganz einfach: Das Spiel setzt auf unsere Urinstinkte als Jäger und Sammler. Doch darüber hinaus behandelt das Spiel eine riesige Bandbreite aus Themen, die nicht nur Fantasy-Fans ansprechen. Vom alten Ägypten zu Dinosauriern, der italienischen Renaissance, Gothic Horror, griechische Mythologie und legendäre Piraten – Magic: The Gathering erfindet sich immer wieder neu. Unterhaltung und Entdeckung sind ein fester Teil der 25-jährigen Magic Geschichte.
Dieser Facettenreichtum spiegelt sich auch in den Charakteren wieder. Wie beispielsweise im Serienfiesling Nicol Bolas: Ein 25.000 Jahre alter Drache, der ein extrem intelligenter Manipulator ist und sich seit der ersten Auflage stark verändert hat.
Das Magic Logo und das Kartendesign hat sich über die Jahre immer weiter entwickelt. Die ersten Prototypen sind heute im Seattle Museum of Pop Culture ausgestellt. Doch trotz zahlreicher Fortschritte im Bereich des Grafikdesigns ist die Rückseite der Karten bis heute gleich geblieben.
Einige spannende Quick-Facts zu den Karten von Magic:
- Knapp 17.000 Karten erblickten in den letzten 25 Jahren das Licht der Welt
- Darunter 375 Zombies, 326 Elfen und 165 verschiedene Drachen.
- Über 20 Milliarden Karten wurden von 2008 bis 2016 gedruckt
- Würde man diese Karten aufreihen, wäre die Strecke 1,7 Mio. km lang. Damit könnte man 45 Mal die Welt umspannen.
- Würde man die Karten stapeln, wäre der Haufen 13.787 Mal so hoch wie das Empire State Building.
- Die Karten sind in 11 Sprachen übersetzt und werden in 70 Ländern weltweit vertrieben.
- Einige Karten sind so selten, dass sie wahren Kultcharakter besitzen.
- Einige Karten wurden nur für einen bestimmten Anlass gedruckt, wie zur ersten Magic World Championship im Jahr 1996. Manche Karten existieren sogar nur ein einziges Mal.
- Die bekanntesten dieser Raritäten sind „Proposal“, „Splendid Genesis“ und „Fraternal Exaltation“, die drei Meilensteine im Leben von Schöpfer Richard Garfield symbolisieren: sein Heiratsantrag an seine Frau Lily Wu und die Geburt seiner zwei Söhne.
Magic erleben: Die Stores und Turniere
Dass Magic: The Gathering den Kauf nahezu aller Karten in den Mittelpunkt rückt, ist ein weit verbreiteter Irrglaube. Alles was man braucht ist ein eigenes Deck und einen Mitspieler. Deswegen stehen die Spieleläden ganz im Kern der Strategie von Wizards of the Coast und werden von ihnen unterstützt und ausgebildet.
Dieses Community-nahe Konzept ist einer der Gründe dafür, warum Magic die Zahl der Spieler und sein Geschäft in den letzten zehn Jahren verdreifachen konnte. In Deutschland und Österreich gibt es mehr als 150 Läden, die regelmäßig Events veranstalten – von Qualifikationsevents bis hin zu entspannten Spieleabenden. Wo sich der nächste Store befindet, lässt sich binnen kürzester Zeit über den eigenen Storelocator herausfinden.
Auch wenn die Mehrheit der Spieler am liebsten privat und unter Freunden spielt, kann Magic auch eine riesige Turnier-Szene aufweisen. Knapp 50 Grand Prix Events veranstalten die Herausgeber jedes Jahr weltweit. Der Grand Prix Las Vegas hatte 2015 eine Rekordteilnehmerzahl von 7.551 Spielern.
Über 10 Millionen offizielle Veranstaltungen wurden seit Erscheinen des Spiels bislang organisiert. Dabei sind die Turniere nicht nur ein Event für Fans oder Nerds: 2016 haben 3,3 Millionen Menschen 260 Millionen Minuten Magic auf Twitch verfolgt. Damals wie heute hört der Weltmeister auf denselben Namen: 1994 konnte sich William Jensen den ersten Weltmeister-Titel sichern, 2017 gewann er ebenfalls und ist derzeit der amtierende Champion.
Magic-Profi John Finkel gewann in 2016 unter anderem 2 World Cups, 2 Grand Prixs und 3 Pro Tours und sicherte sich mit einem Gesamtgewinn von 392.284 Dollar einen eindrucksvollen Rekord.
Doch die Faszination von Magic erstreckt sich über alle Generationen und findet sowohl bei jungen Mädchen, als auch bei 67-jährigen spanischen Großmüttern Anklang. Auch als „Dating-Plattform“ ist das Spiel nicht zu verachten. Allein in Frankreich gibt es eine Vielzahl an „Magic“ – Babies, deren Eltern sich über das Spiel kennengelernt haben.
Magic: The Gathering in Games und Popkultur
Auch im Bereich der Videospiele erfreut sich das Sammelkartenspiel enormer Beliebtheit. Seit seinen Anfängen in Magic Online aus dem Jahr 2002 hat sich eine Menge getan. Trotz unterschiedlicher Konzepte haben alle Magic-Games eines gemeinsam: Karten und Regeln unterscheiden sich nicht von der Papierversion.
In Magic: The Gathering – Battlegrounds aus dem Jahr 2003 treten beispielsweise bekannte Charaktere aus dem Universum in Beat-em-Up-ähnlichen Kämpfen gegeneinander an, während es im gefeierten Downloadspiel Magic: The Gathering – Duels of the Planeswalkers und dessen Nachfolgern aus den Jahren 2011 und 2012 ganz klassisch um Sammelkartenduelle geht. Das neueste Spiel hört auf den Namen Magic: The Gathering Arena und startete Ende 2017 in die Closed Beta.
Eine von mehreren Autoren verfasste Buchreihe mit über 30 Titeln erweitert das Fantasy-Universum zudem um einige spannende Geschichten, die vor allem von norwegischen, arabischen oder japanischen Märchen inspiriert sind und sich großer Beliebtheit erfreuen.
Auch in der Popkultur ist Magic mit seiner 25-jährigen Geschichte fest verankert. 2014 schrieben die South-Park-Erfinder eine Folge, die sich dem Sammelkartenspiel widmete und die Bedeutung des Magic Phänomens und die generationsübergreifende Begeisterung in den Mittelpunkt rückte. Dank der über 20 Millionen Magic-Fans ist die Folge bis heute eine der erfolgreichsten überhaupt für die Zeichentrickserie.
Hättet ihr’s gewusst? Der US-amerikanische Auslandsgeheimdienst CIA bildet seit 2017 Agenten mithilfe von Brett- und Kartenspielen aus. Die Agency erfand komplizierte Spiele um die Realität einer CIA Operation widerzuspiegeln. Eines dieser Spiele, Deck Collection, beruht auf den Mechaniken von Magic: The Gathering.
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