YouTuber Aaron Troschke beim Red Bull Soundclash 2019.
© Christof Kreutzer
Productivity

„Ich bin der Michael Ballack-Typ“

Aaron Troschke ist Youtuber, Content Marketing-Profi, Produzent – und schlagfertig wie kaum ein anderer. Hier spricht der Berliner über Zocken, Existenzängste und seinen Beziehungsstatus
Autor: Pia Falkenstein
7 min readPublished on
Als dieses Interview startet, ist Aaron Troschke zuhause, wie die meisten Menschen in Deutschland. Es gibt Ausgangsbeschränkungen wegen des Corona-Virus. Der 30-Jährige ist erst frisch umgezogen in ein neues, eigenes Haus. Fertig ist noch nicht alles: „Ich will mir im Keller einen Raum zum Zocken einrichten“, sagt er. Ebenfalls im Keller soll ein kleines Studio entstehen, indem er Videos produzieren kann, bequem von zuhause, denn mit Videos verdient er Geld. Unter anderem.
Vor acht Jahren noch stand Aaron in seinem Kiosk in Berlin und verkaufte Brötchen und Schokoriegel. Eine Ausbildung zum Masseur und eine zum Einzelhandelskaufmann bei einer Tankstelle hatte er abgebrochen, eine beim Herrenausstatter abgeschlossen. Dann landete er bei Günther Jauch auf dem Stuhl und erspielte in drei Folgen 125.000 Euro und eine wohl deutlich höhere Zahl an Zuschauerherzen. „Alle lieben Jauchs Quasselstrippe“, titelte die Bild. Es folgte der Sieg bei "Promi Big Brother" und zahlreiche TV- und Onlineprojekte.
Acht Jahre später ist Aaron Medienprofi. Er kennt jeden und jeder kennt ihn. Auf der einen Seite ist er Moderator und Youtuber, bespaßt mit seinem Kanal HeyAaron!!! über eine Millionen Abonnenten. Auf der anderen Seite vermarktet er seine Kollegen: 2014 gründete er mit zwei Partnern eine Influencer Agentur, 2019 schaffte das Start-up den Exit und verkaufte an die Muttergesellschaft von Mediakraft.
Ich eifere meinen Idolen nach, Stefan Raab und Oliver Pocher.
Aaron Troschke
Porträtfoto von Youtuber Aaron Troschke.

Aaron Troschke ist ein echter "Self-made Man".

© Christof Kreutzer

Googelst du dich manchmal selbst?

Selten, vielleicht einmal im Monat. Wenn ich fürs Fernsehen arbeite, wie gerade für "Promi Big Brother", schaue ich öfter mal, weil dann hier und da klassische Medien etwas schreiben.

Wenn man Dich googelt, kommt unter anderem die Rubrik: „Nutzer fragen auch“. Was meinst du steht da bei dir?

Keine Ahnung. „Ist er schwul“? Das steht bei den meisten Männern, glaube ich.

Nein, aber: „Warum ist er berühmt“. Deine Antwort in drei Worten?

Weiß ich selbst nicht. Moment, das sind vier Wörter! Große Klappe? Zwei Wörter! Aber wahrscheinlich ist es doch auch einfach Günther Jauch. Durch meinen Auftritt in der Sendung hat alles angefangen, und gerade die Über-35-Jährigen kennen mich alle von dort. Erst neulich beim Arzt hat mich wieder eine Helferin auf "Wer Wird Millionär" angesprochen. Ich meine, das ist acht Jahre her!

Was antwortest du, wenn dich jemand fragt, was du beruflich machst?

Ich sage immer, ich mache was mit Medien. Wenn das als Antwort nicht reicht: ich eifere meinen Idolen nach, Stefan Raab und Oliver Pocher. Eigentlich kopiere ich ja TV-Total und zeige das auf Youtube.

Erfolgreich: Dein Youtube-Kanal hat über 1 Mio. Abonnenten, du hast eine Influencer-Agentur und Werbeverträge mit Formen wie DHL, Ebay und Amazon...

Wie sieht dein normaler Arbeitstag aus?

Zu 90% besteht mein Alltag aus Büroarbeit. Ich stehe gegen 8, 9 Uhr auf, fahre in die Agentur. Dort kümmere ich mich unter anderem um Kooperationen und unsere Influencer-Produktlinien wie die Make-up-Linie der Beauty-Youtuberin Luisa Crashion. Ich habe ein Team von zehn Leuten, das ich führe. Am Nachmittag fahre ich dann ins Studio und drehe für meine Kanal oder auch mal andere Sachen. Aktuell produzieren wir donnerstags für Big Brother. Abends kümmere ich mich dann um die Probleme meiner Mieter – ich habe mittlerweile einige Immobilien. Und manchmal zocke ich dann noch.

Was ist das erste, das du nach dem Aufstehen machst?

Ich schaue aufs Handy, was in der Welt los ist. Und ich trinke ein halbes Glas Wasser. Dann kommt Zähneputzen und Duschen.

Hast du eine Nachmittagsroutine?

Ich mache gerne Mittagsschlaf. Aber meistens mache ich dann doch keinen.

Was macht dich müde?

0815 Smalltalk, den man mit manchen Kunden führen muss: „Was machen die Kinder? Wie gehts?“ Das finde ich anstrengend. Außerdem bekomme ich Tiefs nach dem Essen.

Was hält dich wach?

Morgens trinke ich Mate, nachmittags Red Bull. Aber ich schlafe weder bei Filmen ein noch bei Podcasts noch auf dem Sofa… Ich muss mich ins Bett legen und zudecken, damit ich einschlafe. Aktuell höre ich mir im Bett manchmal Regengeräusche an.

Regengeräusche?

Mit einer App. Ich war kürzlich in einem Hotel, in dem nebenan gebohrt wurde, da habe ich das ausprobiert. Seitdem mache ich das öfter. Aber wir waren ja bei Wachhalten: Zocken hält mich wach.

Um wie viel Uhr kommen dir besten Ideen und wo?

Abends im Bett, wenn man den Tag Revue passieren lässt.
Aaron Troschke und Betty Taube arbeiten an ihren Handys und lachen.

Influencer unter sich: Aaron Troschke und Betty Taube.

© Christof Kreutzer

Das Problem ist, dass ich der Michael Ballack-Typ bin: Ich verliere öfter als ich gewinne.
Aaron Troschke

Was war die schlechteste Idee, die dir da bislang gekommen ist?

Ich wollte mal eine Talkrunde machen und habe direkt zehn Folgen gedreht. Schon nach der zweiten war klar: das interessiert keinen. Außerdem habe ich 30.000 Euro mit einer Quiz-App verbrannt.

War das dein größter Fail?

Neee! Da gibt es größere. Zum Beispiel wollte ich mal Geld machen mit der Weltmeisterschaft: Ich hatte bei der WM 2014 Werbung gemacht für Fan-Shirts, die sich wie blöd verkauften. 2018 dachte ich dann: das mache ich selbst! Bekanntermaßen ist Deutschland in der Gruppenphase ausgeschieden. Falls jemand ein T-Shirt braucht - ich hätte da noch 4000 Stück…

Hast du ein berufliches Ziel?

Ich habe vieles schon erreicht: 1 Million Youtube-Abonnenten, ich habe mir ein Haus gekauft, habe eine eigene Firma gegründet. Vielleicht hätte ich gerne eine TV-Show wie "Schlag den Raab". Das Problem ist nur, dass ich der Michael Ballack-Typ bin: Ich verliere öfter als ich gewinne. Das ist also eventuell doch keine gute Idee…

Das Fernsehen hat dich bekannt gemacht, jetzt bist du vor allem auf Youtube aktiv. Aber eine eigene Sendung wäre doch der Traum?

Nein, Youtube liegt mir heute mehr, denn da bin ich mein eigener Chef. Beim Fernsehen quatschen zu viele Leute rein. Nach "Wer Wird Millionär" hätte ich alles getan für eine eigene Show im TV, ich hätte meinen Körper verkauft! Heute finde ich: die machen zu viele Fehler.

Welche?

Sie sind viel zu langsam und machen zu viel Aufwand. Gerade stand ich wieder vor der Kamera, am Set waren alleine drei Leute fürs Licht! Das verbrennt zu viel Geld.
Ich hatte nach "Wer wird Millionär" lange Zeit krasse Existenzängste.
Aaron Troschke

Apropos Geld verbrennen: Andere Influencer kaufen sich Rolex oder teure Klamotten. Bei dir sieht man so etwas nicht. Welchen Luxus leistest du dir?

So richtig leiste ich mir gar nichts. Ich fahre, nach vielen Jahren Golf, jetzt einen Mercedes. Aber der ist Dank VIP-Programm auch nicht viel teurer als der Kleine vorher. Nachdem ich die 125.000 Euro bei Jauch gewonnen habe, habe ich mir für 10.000 Euro Gold gekauft, weil es mir jemand geraten hat. Wenn das als Luxus gilt? Ich hatte nach "Wer wird Millionär" lange Zeit krasse Existenzängste. Meinen Backshop hatte ich aufgegeben und die Aufträge kamen nur phasenweise. Teilweise habe ich über ein halbes Jahr mehr Geld verbrannt als eingenommen.

Hast du heute noch Existenzängste?

Nein. Ich habe, wie schon gesagt, einige Immobilien, eine Agentur, meinen Youtube-Kanal, also verschiedene Standbeine.

Hat die Corona-Krise dir beruflich Sorgen gemacht?

Wir produzieren für den Kanal zum Glück drei bis vier Monate im Voraus, und ich habe mir ein kleines Studio im Keller eingerichtet, in dem ich Live-Videos drehen kann. Ansonsten hatte ich in den letzten Wochen viel Zeit zum Call of Duty zocken.

Hättest du generell in deinem Leben lieber mehr Sinn, mehr Geld, mehr Freiheit oder mehr Freizeit?

Mehr Freiheit. Oft lässt man sich doch einschränken. Vielleicht auch von sich selbst, weil man denkt: das geht nicht. Man sollte immer groß denken. Zum Beispiel bei unserer Firma "Reach Hero". Ich dachte immer, ich muss froh sein, wenn sie sich trägt und nicht pleite geht, das war mein einziges Ziel. Und dann war sie so wertvoll, dass wir sie sehr gut verkaufen konnten. Hätte ich die ganze Zeit groß gedacht, hätten wir sie vielleicht supermegagut verkaufen können…
Aaron Troschke mit Mrs Bella (links) und Betty Taube.

Aaron Troschke in der Komfortzone.

© Christof Kreutzer

Man sollte immer groß denken.
Aaron Troschke

Was ist dein Rat an jemanden, der heute auf Youtube Karriere machen will?

Anfangen, dranbleiben, durchziehen. Viele legen los, sind ganz erfolgreich, und dann werden sie faul. Das bestraft der Algorithmus schnell. Es ist ganz normal, dass auch mal Monate kommen, in denen weniger Leute zuschauen, in denen man mehr Abonnenten verliert als gewinnt. Das ist superdeprimierend, aber man darf sich von Flauten nicht runterziehen lassen. Ich mache seit vier Jahren jede Woche ein Video. Jede Woche.

Wie viel Tage Urlaub nimmst du dir pro Jahr?

Gar keinen. Mein Vater hat vor Jahren ein altes Haus in Brandenburg gekauft, da bin ich im Sommer jedes Wochenende. Das letzte Mal richtig lange Urlaub war ich vor fünf Jahren mit meiner Mutter in Neuseeland, auf „Herr der Ringe“-Tour.

Du bist mit allem relativ offen, nur dein Beziehungsstatus ist ein großes Geheimnis, warum?

Das habe ich von Stefan Raab gelernt: sein Privates sollte man privat lassen. Wenn ich eine Freundin habe, würde ich nicht lügen und sagen: ich habe keine. Aber ich lenke ab.

Also hast du eine Freundin?

Googelst du dich eigentlich selbst?