Fußball
Als Joker zur EM fahren und das Turnier als Top-Scorer abschließen? Beim Blick auf den Karriereweg und die Umwege ist das ziemlich Olmo-like!
Nur wenige Spieler haben einen faszinierenderen Weg hinter sich als Dani Olmo von RB Leipzig. Mit sensationellen Leistungen in den letzten Jahren, darunter der Hattrick gegen Bayern München im deutschen Supercup (3:0), hat er seinen Status als einer der Stars der neuen spanischen Fußball-Generation gefestigt.
Dani Olmo wurde seit seinem neunten Lebensjahr in Barcelonas renommierter Akademie La Masia ausgebildet. Im Juli 2014 traf er dann eine mutige Entscheidung und ging - auf der Suche nach mehr Einsatzminuten - zu Dinamo Zagreb nach Kroatien.
Die Katalanen waren verblüfft von dieser doch ungewöhnlichen Entscheidung, aber der Wechsel hat sich für Olmo voll ausgezahlt. Als Spieler, der sowohl einen zauberhaften Pass in die Tiefe spielen kann als auch Off the Ball durch seine taktische Raffinesse begeistert, zählt er zu den herausragenden Mittelfeldspielern aus Spaniens jüngster Generation.
Wir erzählen die Story einer fesselnden Fußballer-Karriere in zehn Stufen:
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Stage 1 – Es liegt in der Familie
Olmo stammt aus einer Fußballerfamilie und war früh untrennbar mit dem runden Leder verbunden. Er liebte Fußball so sehr, dass er sogar einen Moment lang zögerte, ein Selfie mit Lionel Messi zu machen, weil er dafür ein Spiel unterbrechen musste.
"Seit ich klein bin, war ich mit einem Ball unterwegs. Ich wollte nichts anderes tun. Ich habe alle Bälle aufbewahrt, die ich als Kind hatte. Ich erinnere mich an einen Ball, den ich hatte, als ich mit Lionel Messi fotografiert wurde - da war ich sieben oder acht Jahre alt. Das sind Erinnerungen, die mir niemand wegnehmen kann. Ich wollte das Foto erst gar nicht machen, weil ich weiterspielen wollte. Heute bin ich froh darüber, dass ich das Spiel dann fünf Minuten unterbrochen hatte."
Zunächst war er in der Akademie von Espanyol, aber als der FC Barcelona ihm einen Platz in La Masia anbot, konnte er nicht ablehnen: "Sie waren hartnäckig und bestanden darauf."
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Stage 2 – Die große Entscheidung: Wechsel nach Kroatien
Im Alter von 16 Jahren, als die Aussicht auf einen Spot im Kader der A-Mannschaft noch in weiter Ferne lag, überraschte er den FC Barcelona, indem er ein Angebot des kroatischen Serienmeisters Dinamo Zagreb annahm.
"Kein anderer Club machte mir ein besseres Angebot als Dinamo Zagreb. Ich bekam die Chance, im Alter von 15 oder 16 Jahren im Profiteam zu spielen sowie mit internationalen und professionellen Spielern zu trainieren. Ich beschloss, nach Kroatien zu wechseln, um mich weiterzuentwickeln. Ich habe es nie bereut und mich sowohl als Fußballer als auch als Mensch stark verbessert. Dank der Zeit, die ich dort verbracht habe, bin ich heute der Spieler, der ich bin."
Ich bekam die Chance, im Alter von 15 oder 16 Jahren im Profiteam zu spielen sowie mit internationalen und professionellen Spielern zu trainieren.
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Stage 3 – Neue Heimat
Trotz seines jungen Alters war er nicht eingeschüchtert. Er lernte die Sprache und sang sogar kroatische Fußballlieder. Diese Erfahrung prägte ihn so sehr, dass er sich dem Common Goal Project anschloss, bei dem die Mitglieder ein Prozent ihrer Earnings an einen Fonds spenden, der zur Lösung sozialer Probleme beiträgt. Mit seinen Spenden unterstützte Olmo ein Projekt der fußballbasierten Organisation Cross Cultures Association in Kroatien, die sich für die Wiederherstellung der Stabilität in Gemeinden nach Konflikten einsetzt.
"Ich habe viele schöne und besondere Erinnerungen an Kroatien. Ich erinnere mich an mein erstes Spiel für die Profis, das bei einem Gedenkturnier für die Kriegsopfer in Vukovar stattfand. Ich fühlte mich diesem Land sehr verbunden und konnte mich mit den Menschen dort identifizieren. Es gab so viele Dinge, die mich auf besondere Weise berührten -- deshalb wollte ich helfen."
"Ich lernte viele neue Dinge kennen, lernte die Sprache und konnte mich immer besser mit den Menschen dort verständigen. Es gab eine ganz besondere Zuneigung seitens der Dinamo-Fans und der Menschen im Allgemeinen. Bis heute sage ich, dass Kroatien meine zweite Heimat ist, und ich bin sicher, dass ich immer wieder zurückkommen werde."
Es gab eine ganz besondere Zuneigung seitens der Dinamo-Fans und der Menschen im Allgemeinen.
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Stage 4 – Der große Durchbruch
Sein Pflichtspiel-Debüt gab Olmo gegen NK Lokomotiva im Februar 2015. Sein erstes Tor sollte gegen Rijeka im letzten Spiel der Saison 2016/17 folgen. Der Moment bzw. der Treffer, der im ganzen Land für Aufsehen sorgte, fiel jedoch im Derby gegen Hajduk Split -- ein Spiel, das ihn nachhaltig beeindruckte.
"Es ist ein wirklich fanatisches Derby, überall knallen Feuerwerkskörper und Pyrotechnik. Einigen Fans ist es egal, wie es in der Tabelle aussieht, sie wollen nur, dass wir das Derby gewinnen. Ich wurde in der 50. Minute eingewechselt, als wir 1:0 führten. Nach einem Eckball erzielte Hajduk den Ausgleich. Mein Tor brachte uns mit 2:1 in Führung. Mir wurde klar, wie wichtig dieses Tor war, als ich sah, wie meine Mannschaftskameraden jubelnd von der Bank aufsprangen. Das war zweifellos einer der wichtigsten Momente in meiner Karriere!"
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Stage 5 – Champions League-Debüt
Der nächste große Schritt kam in der Saison 2019/20, als er zum ersten Mal in der Gruppenphase der UEFA Champions League auf dem Rasen stand. Sein Debüt mündete in den höchsten CL-Sieg der Klub-Historie: "Es gibt Momente, die in die Geschichte eingehen und das war einer davon. Wir haben 4:0 gewonnen und ich glaube nicht, dass Dinamo Zagreb so etwas in der Vergangenheit je geschafft hat."
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Stage 6 – Der Ruf aus Spanien
Drei Monate später wurde Olmo in die "La Furia Roja" berufen, wie die Nationalmannschaft in seiner Heimat genannt wird. Die Nachricht ereilte den Rechtsfuß nach einem Training: "Der Coach versammelte uns alle im Kreis und sagte: ,Jungs, wir haben gute Neuigkeiten. Wir haben einen weiteren Nationalspieler im Team. Dani ist [für Spanien] ausgewählt worden.' Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet und wusste nichts davon. Es war wie ein Schock. Ich war so auf das Training konzentriert, dass ich nicht einmal wusste, dass es eine Kader Announcement gab. Als sie es mir sagten, war es unglaublich - ich war einfach nur happy."
Als sie es mir sagten, war es unglaublich - ich war einfach nur happy.
Sein Debüt für die Nationalmannschaft feierte er beim 7:0-Sieg über Malta, bei dem Olmo in der zweiten Halbzeit eingewechselt wurde und auf Anhieb ein Tor erzielen konnte. Gänsehaut pur bei der Nationalhymne ("Marcha Real")!
"Es war unglaublich so etwas mit der A-Mannschaft und in einem Stadion wie dem Ramon Carranza in Cádiz zu erleben, wo sie die Nationalmannschaft regelrecht verehren. Mir fehlten die Worte und ich habe sie bis heute keine für diesen Moment gefunden. Meine ganze Familie war dort, auch meine Großeltern, die aus Cádiz stammen."
Es war unglaublich. Mir fehlten die Worte - und ich habe bis heute keine für diesen Moment gefunden.
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Stage 7 – Umstellung bei RB Leipzig
Im Januar 2020 nahm Olmo abermals eine neue Herausforderung an. Diesmal bei den Roten Bullen in der Bundesliga. Der Abschied aus Zagreb fiel dem Spanier durchaus schwer: "Ich wusste, dass ich viele Teammates, Trainer oder andere Mitarbeiter zurücklassen würde, die mir in meiner Karriere sehr geholfen haben." In Leipzig angekommen, musste er sich dem anspruchsvollen, energiegeladenen Stil von RB-Trainer Julian Nagelsmann anpassen.
"Ich wusste, dass es ein großer Sprung war, aber ich dachte, ich wäre bereit dafür. Am Anfang war es nicht einfach und es gab ein paar Partien, in denen ich nicht gespielt habe, aber ich hatte mein Ziel immer vor Augen und wusste, was ich tun musste, um es zu erreichen. Also habe ich im Training weiter hart gearbeitet, bis ich eine Chance bekam - Julian hat mich ermutigt und motiviert", erklärt Dani Olmo. "Es ist ein sehr körperbetonter, direkterer Stil, der immer nach vorne geht. Wir spielen in heiklen Situationen mit enorm viel Druck. Da muss jeder alles geben. Ich habe mich vor allem im Spiel unter Druck zwischen den Linien stark verbessert."
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Stage 8 – EM 2020: "The Strength of the Group"
2020 schaffte Olmo einen weiteren Karriere-Milestone: Halbfinal-Einzug mit Spanien bei Europameisterschaft! In fünf Spielen lieferte er drei Assists, darunter zwei als Joker beim Achtelfinal-Duell mit seiner zweite Heimat - 5:3 nach Verlängerung gegen Kroatien. So bitter der verlorene Elfmeterskrimi gegen den späteren Europameister Italien war: Der außergewöhnliche Teamgeist hinterließ echte Spuren beim Leipziger.
"Wir wurden nicht erst bei der EM 2020 zu einem richtigen Team, sondern bereits in der Qualifikation. Wir hatten einen wirklich großartigen Kader. Amazon produzierte eine Doku mit dem Titel "The Strength of the Group". Ich glaube nicht, dass es einen besseren Titel gibt, um dieses Team zu beschreiben. Wir mussten viele Widrigkeiten und Hindernisse überwinden, und es war ein hartes Stück Arbeit, bis wir so weit gekommen sind, aber am Ende haben wir es geschafft. Es gibt Erfahrungen, die du machen musst, wenn du weiter vorankommen willst. Wir sind stolz auf unsere Performance, aber wir sind überzeugt, dass wir noch viel mehr erreichen können!"
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Stage 9 – Hattricks schießen und Pokale gewinnen
Olmo hat bei RB Leipzig in der jüngsten Vergangenheit maßgeblich dazu beigetragen, den Trophäen-Schrank zu füllen. Angefangen mit einem verwandelten Elfer im DFB-Pokal-Finale 2022 (zum Recap). Zwölf Monate später bereitete er das wichtige 1:0 im Endspiel gegen Frankfurt (2:0) vor und stieg mit den Roten Bullen zum Back to Back-Pokalsieger auf.
Den Supercup-Triumph der Roten Bullen in der ausverkauften Allianz Arena feierten die internationalen Gazetten gar als "Dani Olmo-Show". Beim 3:0 gegen den Rekordmeister FC Bayern München schnürte "El Mago" in der ersten Halbzeit einen Doppelpack, ehe er per Elfmeter in der 68. Minute den Hattrick vollendete.
Nachdem er zum ersten Mal in der Leipziger Vereinsgeschichte den Titel nahezu im Alleingang geholt hatte, strahlte Dani Olmo über das ganze Gesicht: "Es war eine unglaubliche Nacht -- einfach ein perfektes Spiel."
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Stage 10 - "Campeones" in der zweiten Heimat
Von Berlin nach Berlin. Was zwischen dem ersten und letzten EM-Trip von Dani Olmo ins Olympiastadion lag? Sieben spanische Siege, fünf Scorer-Punkte und ein faustdicker What If-Moment. Sprich: Was wäre gewesen, wenn „El Mago“ beim Stand von 2:1 nicht zu einer Rettungstat per Kopf auf der Linie angesetzt hätte? Wäre Spanien heute Europameister (hier die Final-Highlights ansehen), wenn der Leipziger nicht in der K.o.-Phase von seiner Joker-Rolle erlöst worden wäre?
„Toni Kroos hat den Spanien einen Gefallen getan“, meinte TV-Experte Bastian Schweinsteiger vielsagend zur Szene im Viertelfinale. Ein frühes Foul an Pedri führte zum Turnier-Aus - und der Welt vor Augen, dass in seinem Back Up nicht nur ein abschlussstarker Dribbler steckt, sondern der vielleicht am meisten unterschätzte Spieler dieser EM.
"Deutschland ist meine zweite Heimat, hier habe ich meine Freundin kennengelernt. Hier den EM-Titel zu holen, bedeutet mir unheimlich viel.“
Drei Tore und zwei Assists steuerte Olmo zum Titelgewinn der La Furia Roja bei, die im Endspiel auch England (2:1) niederringen konnte. Angesichts von 431 Einsatz-Minuten im Turnier war niemand effektiver als der Leipziger.