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Die Zwerge: Vom Fantasy-Epos zum Rollenspiel

Wir haben mit Jan Theysen von King Art über die Umsetzung der erfolgreichen Buchreihe gesprochen.
Autor: Ulrich Wimmeroth
5 min readPublished on
Held des Spiel: Der Zwerg Tungdil.

Held des Spiel: Der Zwerg Tungdil.

© [unknown]

Es wäre zu einfach die mittlerweile fünf Bände von "Die Zwerge" des deutschen Erfolgsautors Markus Heitz als ein deutschsprachiges "Herr der Ringe" zu bezeichnen. Klar, es kommen Oger, Trolle und Orks in der komplexen Handlung vor, aber die Geschichten konzentrieren sich vor allem auf die Zwerge. Nicht als spassige Nebendarsteller, über die sich die wahren Helden lustig machen, sondern als echte Recken, die das Geborgene Land vor Eindringlingen schützen. Mehr als 4,5 Millionen Exemplare wurden weltweit von den Büchern verkauft, da bot es sich ja geradezu an, das Zwergen-Epos auch als Spiel umzusetzen. Wir haben uns mit Jan Theysen, Creative Director und Mitbegründer von King Art, getroffen und über die Entstehungsgeschichte der digitalen Zwerge, die Zusammenarbeit mit Autor Markus Heitz, exklusive Charaktere, Crowdfunding und Rockmusik unterhalten.
Definitiv kein Zwerg: Jan Theysen.

Definitiv kein Zwerg: Jan Theysen.

© [unknown]

Jan, wie seid ihr denn überhaupt auf die Idee gekommen "Die Zwerge" als Spiel umzusetzen?
Ich würde ja jetzt gerne behaupten, dass wir schon seit Jahren einen Masterplan hatten. Aber eigentlich war es purer Zufall. (lacht). Unser Mitarbeiter Lukas Zach hat in seiner Freizeit das offizielle Brettspiel zu "Die Zwerge" entwickelt und so mit dem Autor Markus Heitz Kontakt gehabt. Markus meinte dann, er könne sich auch ein Computerspiel gut vorstellen. Und Lukas so: "He, ich arbeite bei einem Spieleentwickler". Kurz darauf, sassen wir dann auch schon bei einem Bier zusammen und waren uns schnell einig.
Aber dann hattet ihr einen Masterplan?
Ach was. (lacht) Wir hatten uns überlegt, dass wir das erste Buch der Reihe als Grundlage der Geschichte nehmen wollten. Und wir hatten einige Ideen im Kopf, zum Beispiel hat uns die Schlacht um Helms Klamm aus "Der Herr der Ringe" fasziniert. Einige wenige Helden sollten gegen eine ganze Armee antreten. So wie es Helden eben so machen. Aber wir hatten keine Ahnung wie wir es umsetzen sollten, so etwas hatten wir ja noch nicht gemacht. Also haben wir mit dem Schwarmverhalten der Gegner experimentiert und ein "Physik-basiertes Crowd-Kampfsystem" entwickelt. Das gab es bislang so noch nicht in einem Rollenspiel und ist für Neueinsteiger und Profis gleichermassen geeignet. Das haben wir über die Entwicklungszeit von gut 18 Monaten ausgiebig mit Spielern aus der Zwerge-Community getestet. Und es ist gut angekommen.
Wie gestaltete sich denn die Zusammenarbeit mit dem Autor Markus Heitz?
Sehr entspannt. Markus hat uns bei allen Fragen beraten, ansonsten aber keinen Einfluss auf das Spiel genommen. Er meinte, dass er uns da voll vertrauen würde. Und er hat uns für einen spielexklusiven Charakter, der nicht in den Büchern vorkommt, entworfen, mit eigener Hintergrundgeschichte und eigenen Missionen. Ein Tipp: Dieser Charakter kann sogar sterben, wenn der Spieler nicht aufpasst. Ein sehr schöner Fanservice, wie ich finde.
Zu eurer Party gehören nicht nur Zwerge.

Zu eurer Party gehören nicht nur Zwerge.

© [unknown]

Was war denn, ausser dem Kampfsystem, eure grösste Herausforderung?
Die Erkundung des Zwerge-Universums in allen Details. Mein Bruder hatte die Aufgabe die Bücher ganz genau zu studieren, das sind gute 3000 Seiten High-Fantasy. Er hat sich da richtig reingekniet und ein eigenes Wiki für uns erstellt. Wir mussten ja alle Namen von Personen und Orten ganz genau wiedergeben, Fehler merken die Fans sofort. Wir brauchten einfach alle Informationen, von den Bezeichnungen der Stämme und Völker bis zur Augenfarbe des Helden. Und es wurde akribische eine Karte der Welt erstellt. Das war eine echte Fleissarbeit. Allerdings war das für das Spiel tatsächlich noch nicht genug an Informationen.
Bei 3000 Seiten, wie das?
Es gibt zum Beispiel keine benannten Flüsse in den Büchern. Und auch die Namen von wichtigen Städten im Spiel fehlten. Da mussten wir uns selber etwas überlegen und haben nach cool klingenden und passenden Bezeichnungen gesucht. Das musste dann aber alles mit Markus abgesprochen werden, damit unsere Auswahl auch zu weiteren Büchern der Reihe passt.
Ihr arbeitet in dem Spiel mit einem Erzähler. Warum habt ihr diese Form gewählt?
Das finden wir eine hervorragende Lösung, um das das Kopfkino des Spielers zu aktivieren. Tungdil der Zwerg ist ja unter Menschen aufgewachsen und erlebt die Welt, genau wie der Spieler, zum ersten Mal in dieser Form. Der Erzähler erklärt aber nicht nur das, was ohnehin auf dem Bildschirm zu sehen ist, sondern fungiert auch als innere Stimme des Helden und macht sich auch schon mal über die Figuren lustig. Wir haben uns da auch an "Pillars of Eternity" und "Baldurs Gate" orientiert, aber einen ganz eigenen Stil entwickelt. Es sind übrigens gut 75.000 Worte, die wir eingesprochen haben.
Die Zwergenhelden Tundil und Gandogar.

Die Zwergenhelden Tundil und Gandogar.

© [unknown]

Ihr hattet ja schon einen Publisher für "Die Zwerge", habt aber trotzdem noch eine Kickstarter-Aktion durchgeführt. Hat das Budget nicht gereicht?
Das war nicht der Grund für die Aktion. Wir wollten mit der Crowdfunding-Aktion zusätzliche Features in das Spiel implementieren, die ansonsten nicht möglich gewesen wären. Zum Beispiel wollten wir eine Kickstarter-Edition in edler Aufmachung anbieten können. Nichts gegen Downloads, aber viele Fans lieben eine schicke Box, Artbooks und Figuren. Wir haben ja bereits mit Kickstarter gute Erfahrungen gemacht, wie bei "The Book of Unwritten Tales 2". Wichtig ist es nur, dass klar mit den Menschen kommuniziert wird. Wir haben sofort gesagt, dass das Spiel kommen wird, aber wenn ihr mehr wollt, zum Beispiel einen epischen Soundtrack, der von einem Live-Orchester und einem Chor eingespielt wird, dann brauchen wir noch was Geld. Und es sind ja auch über 350‘000 Dollar zusammengekommen.
Hat es denn für den Chor gereicht?
Nicht ganz und Benny, unser Mann für die Musik, war darüber richtig traurig. Aber dann haben wir alle zusammengelegt, dass zumindest gut die Hälfte des Soundtracks mit einem grossen Orchester und einem Chor entstehen konnte. Und zusätzlich konnten wir über einen Kontakt von Markus Heitz noch die Metal-Band Blind Guardian dazu begeistern, mit "Children of the Smith" einen fantastischen Song beizusteuern. Da war Benny dann auch wieder glücklich. (lacht)
Zum Abschluss: Wann können wir mit "Die Zwerge 2: Der Krieg der Zwerge" rechnen?
Wenn es nach uns gehen würde, sehr bald. Wir würden gerne die ganze Reihe als Vorlage für Spiele nehmen, aber das ist natürlich auch eine Frage des wirtschaftlichen Erfolgs. Das Spiel ist für gleich für PC, Mac, Linux, PlayStation 4 und Xbox One erschienen und die erste Woche lief fantastisch. Lass uns im nächsten Jahr noch mal sprechen.