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Drei Gründe, warum GTA zum Pop-Phänomen wurde

Die GTA-Story: wie britische Nerds mit Authentizität, Witz und Pornosternchen die Welt eroberten
Autor: Benjamin Kratsch
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GTA 5

GTA 5 ist wie ein virtueller Urlaub in L.A.

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„Beeindruckend, das sieht ja alles genau so aus wie in GTA 5“, meint der Youtube-Star Simon Unge, als wir durch Los Angeles laufen. „Ich war zwar noch nie hier, aber das fühlt sich alles sehr vertraut an.“ Und exakt das ist der erste Grund, warum GTA so wahnsinnig erfolgreich ist. Nachdem wir am echten Santa Monica Pier entlanggelaufen sind, hole ich am Pool mein MSI GT72-Notebook raus, starte die PC-Version von GTA 5 und fahre mit einem Audi R8 zum Del Perro Pier im Spiel und tatsächlich wirkt es beinahe so als würde ich gerade durch eine Videoinstallation des schönsten Strands von L.A. spazieren. Es ist alles da, das Riesenrad mit seiner auffälligen Beleuchtung, die sich bei Nacht leicht im Meer spiegelt.
GTA 5

Die PC-Version bietet Fotorealismus pur

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Die Jetskis, wie sie durch die täuschend echten, richtig plastisch wirkenden Wellen rauschen und natürlich der wunderschöne Sonnenuntergang, bei dem der zarte Orangeton der Sonne langsam und zärtlich den Ozean küsst. Die richtige Grafikkarte wie eine Geforce GTX 980M vorausgesetzt, fühlt sich GTA 5 auch mobil an wie ein echter Urlaubstrip nach Los Angeles. Das kommt nicht von ungefähr, denn zwar heißt L.A. in GTA 5 Los Santos, doch Rockstar Games hat tausende Fotos geschossen und die ikonischsten Plätze sehr detailgetreu eingefangen. Mehr als 45 Millionen Spieler haben das bereits erlebt, doch GTA war nicht immer auf der Siegerstraße, wie ein Buch des New-York-Times-Autoren David Kushner verrät.
GTA 5

Buchempfehlung: JACKED erzählt die GTA-Geschichte

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JACKED: Warum GTA beinahe gescheitert wäre
GTA-Fans, die des Englischen mächtig sind, sollten sich das Buch des New-York-Times-Journalisten namens JACKED kaufen. Kushner hat viel Zeit mit den Gründern von Rockstar Games, den Brüdern Sam und Dan Houser, verbracht sowie mit deren Kollegen gesprochen und erzählt in seinem Roman wie sich die GTA-Serie entwickelt hat. 1995 sah alles noch nicht so rosig aus, da war GTA noch richtig öde und spröde. Es hieß auch anders, hörte auf den Namen Race'n'Chase, ihr musstet an Ampeln anhalten, Vorfahrt gewähren und durftet als Polizist nur das Blaulicht einschalten, wenn mal wieder einer zu schnell fuhr. Das Spiel machte wenig Spaß, ergo entschied sich der heutige Rockstar-Präsident Sam den Code ein bisschen zu modifizieren und mehr Freiheiten einzubauen. Er fing an damit Fahrzeuge von der Straße zu drängen, Ampeln umzusensen, die Sau rauszulassen. Die richtige Entscheidung, denn das erste GTA verkaufte auf Anhieb 100.000 Spiele, der Nachfolger schaffte es auf 200.000 und GTA 3 schoss dann endlich mit 14 Mio. verkauften Einheiten den Vogel ab. In seinem Buch illustriert Kushner sehr schön, warum GTA zu so einem Massen-Phänomen wurden. Womit wir beim zweiten Grund für seinen Erfolg angekommen wären: dem Hang zur Perfektion, in jeder Hinsicht.
Die Welten von Rockstar Games: Perfekt ist nicht gut genug
Rockstar Games hat nicht nur das Open-World-Genre erfunden, sie haben es durch ihre schier unendliche Palette an Gameplay-Möglichkeiten auch direkt mit Vice City perfektioniert. Es ist eben nicht nur eine auf Krawall gebürstete Shooter-Serie, die auch wilde Verfolgungsjagden bietet. Sondern ihr könnt mit einer Motocross-Maschine durch die Landschaft prügeln, über Sprungschanzen fliegen und so Extrapunkte einkassieren. Ihr könnt Frauen daten, Kampfjets auf US-Militärbasen klauen und mit Helikoptern dem Sonnenuntergang entgegen schweben oder Geheimnisse aufdecken, wie das mysteriöse Jetpack aus GTA 5. Diesen Hang zur Perfektion illustriert auch Autor Kushner sehr schön, etwa wenn er beschreibt wie Sam und Dan Houser im Porsche den Highway runtergebrettert sind um herauszufinden, welche Musik-Tracks denn am besten zu ihren Spielen passen. Oder wenn er erzählt, wie US-Pornostar Jenna Jameson für ihre Rolle als Candie Suxxx einen Orgasmus vorspielte, während Dan Houser ihren Vater ablenken musste, weil der durch Zufall auch gerade im Studio war.
GTA 5

Rockstar präsentiert Spiele erwachsen wie Filme

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Eine Serie der Skandale, die kein Blatt vor den Mund nimmt
Der dritte Grund für den Erfolg liegt in brillantem Marketing, denn die Rockstars wussten immer wie sie Skandale für sich nutzen können. Echauffierten sich die Medien über den Gewaltgrad der Spiele, machte Rockstar Games gerade in den Anfängen der Serie einen Gag daraus und baute eine Hollywood-Referenz ein, wo es meist deutlich brutaler zuging. Auch der Hot-Coffee-Skandal, bei dem ein Mitarbeiter von Rockstar absichtlich oder versehentlich die Möglichkeit für Sex per Joystick-Bewegung eröffnete, konnte Rockstar nicht bremsen, im Gegenteil. Sam Houser wurde vor den obersten Gerichtshof der USA in Washington zitiert, die weltweite Presse berichtete, plötzlich kannte Jeder überall auf der Erde die Marke GTA. „Wir machen Satire, keine Politik“, so hat es Sam mal in einem Interview mit dem Spiegel ausgedrückt und tatsächlich bekommen Demokraten wie Republikaner, der Kapitalismus, der Schönheitswahn in Hollywood und auch Facebook ihr Fett ab, aber immer mit der richtigen Dosis Humor inszeniert.