Alinghi 2003
© Th.Martinez / Alinghi / Red Bull Content Pool
Segeln

Die Geschichte des America's Cup

Der America’s Cup ist der älteste Sportwettbewerb weltweit. Der Cup ist 2024 stolze 173 Jahre alt. Um was geht es bei diesem Wettbewerb? Wir liefern dir die Antworten!
Autor: AXON Translate
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"There is no second, Majesty".

Segler sind seit Jahrhunderten auf den Weltmeeren unterwegs. Die ersten Segelregatten fanden im 19. Jahrhundert statt und waren in erster Linie Wettbewerbe zwischen wohlhabenden Amateuren. In diesem Kontext waren es bald zwei Yachtclubs, die sich auf dem Wasser ein Rennen lieferten: der Royal Yacht Squadron, gegründet 1815 auf der Isle of Wight, und der New York Yacht Club mit dem Gründungsjahr 1844. Die amerikanischen Gründer des Clubs hatten den Ehrgeiz, das beste Segelboot zu konstruieren und es nach Grossbritannien zu entsenden, um ihr Know-how im Rahmen der „Great Exhibition of the Works of Industry of all Nations“ von 1851 unter Beweis zu stellen. Diese erste Weltausstellung, die organisiert wurde, um die Spitzenleistungen der britischen Industrie zu zeigen, wurde somit zum Katalysator des America's Cup.
Der Schoner "America" wurde gebaut und überquerte den Atlantik, um 1851 die Isle of Wight zu erreichen. Die „America“ war 30 Meter lang und hatte ein Gewicht von 170 Tonnen. Am 22. August gab der Royal Yacht Squadron den Startschuss für eine Regatta um die Insel mit einem Preisgeld von 100 Guinees (eine alte britische Goldmünze). Königin Viktoria beehrte die Regatta mit ihrem Besuch, was die Bedeutung dieses Wettbewerbs zeigt. Und als man ihr meldete, dass sich das Segelboot „America“ der Ziellinie näherte, fragte sie: „Wer ist Zweiter?“. Die Antwort ging in die Annalen des Segelsports ein: „Majestät, es gibt keinen Zweiten“. Von den britischen Segelbooten war weit und breit nichts zu sehen! Die „America“ gewann das Preisgeld von 100 Guinees.
Und der Pokal wanderte in die Vereinigten Staaten. 1857 übereignete die Siegermannschaft den Pokal dem New York Yacht Club mit einer Schenkungsurkunde oder „Deed of Gift“, die nach wie vor die Regeln der Regatta bestimmt. Der Pokal erhielt als Hommage an den siegreichen Schoner die Bezeichnung „America´s Cup“. Im gleichen Jahr erging eine Einladung an alle ausländischen Yachtclubs, den New York Yacht Club herauszufordern, der jetzt Inhaber des Pokals oder „Defender“ war. Einzuhalten waren die Gründungsregeln der „Deed of Gift“.
Der America´s Cup war geboren und die Legende konnte ihren Lauf nehmen.

Die amerikanische Vorherrschaft bis 1983

In den darauf folgenden 132 Jahren fanden 24 Regatten unter Beteiligung der grössten Nationen weltweit und der talentiertesten Regattasegler statt. Jedes Mal ging der New York Yacht Club, der Defender, als Sieger aus der Herausforderung der Challengers hervor.
Grossbritannien wurde nicht müde, immer wieder herauszufordern, um den begehrten Pokal zu erobern. Unvergessen ist Sir Thomas Lipton, der von 1899 bis 1933 fünf Mal mit seinen 5 wagemutigen Segelbooten mit dem Namen „Shamrock“ herausforderte. Er musste fünf Niederlagen einstecken. Von ihm bleiben die Erinnerungen an seine prächtigen Segelboote, die technisch auf der Höhe der Zeit waren, sein Fairplay, das beiderseits des Atlantiks Bewunderung hervorrief, die Publicity, die er dem America´s Cup verschaffte, und zweifellos indirekt seinen Tee und seine Gewürze.
1962 präsentierte sich Australien zum ersten Mal als Challenger und ein neues Kapitel des America´s Cup wurde aufgeschlagen. Insbesondere wurden mehrere Herausforderungen gleichzeitig angenommen und es traten einige neue Länder in Erscheinung, etwa Griechenland, Schweden, Italien und Frankreich mit dem legendären Baron Bich. Dann Neuseeland. Zwischen den Challengern wurden Vorausscheide organisiert, um die Mannschaft zu küren, die den Defender in einem „Match-Racing“-Duell herausfordern sollte. Die Segler mussten mit Mut und Geschicklichkeit den günstigsten Platz erobern und halten. Bis zur Ziellinie. Bei den 8 Wettbewerben von 1962 bis 1983 wurden die Australier siebenmal zu Challengern und die Briten nur einmal. Zweifellos begann der Wind sich zu drehen.

1983, 25. Auflage – „Born to win“

Am Morgen des 26. Septembers 1983, ein Montag, liegen der amerikanische Defender „Liberty“ von Dennis Conner und der Challenger „Australia II“ von John Bertrand gleichauf: Jeder hat drei Siege in der Tasche. Da der Pokal an den Sieger über 7 Etappen geht, ist die Regatta dieses Tages entscheidend. Die „Liberty“ führt bei der Regatta, aber auf der letzten Länge vor Spinnaker verlieren die Amerikaner die Kontrolle und die beiden Segelboote liegen gleichauf. Beim folgenden Kreuzen gewinnt die „Australia II“ vor der „Liberty“ eine Länge Vorsprung (das heisst etwa 20 Meter). Die letzte Etappe am Wind ist legendär. Die „Liberty“ absolviert nicht weniger als 47 Wenden. Die Australier reagieren ganz cool und behalten ihren Vorsprung. Erschöpft passieren sie die Ziellinie als grosse Sieger. Ihre Herausforderung mit einem Segelboot mit revolutionärem Kiel ist aufgegangen. 132 Jahre amerikanischer Vorherrschaft haben ihr Ende gefunden!
Präsident Ronald Reagan übergibt höchstpersönlich den Pokal an die Australier. Dennis Conner muss eine Niederlage einstecken, aber trägt es mit Fassung. John Bertrand wiederum veröffentlicht sein Buch „Born to win“.

1987, 26. Auflage - zum ersten Mal ausserhalb der Vereinigten Staaten

Der „Cup“ nimmt an Fahrt auf: Nicht weniger als 13 Challenger liefern sich ein Gefecht. Zum ersten Mal findet der Wettbewerb nicht in den USA statt und zum ersten Mal nimmt der New York Yacht Club nicht teil. Zwar ist eine amerikanische Mannschaft beteiligt, aber diesmal vom San Diego Yacht Club. Der Skipper ist niemand geringerer als Dennis Conner, der erste Amerikaner, der eine Niederlage einstecken musste. Der Druck und der Einsatz sind so gross wie nie zuvor beim legendären America´s Cup.
Zum ersten Mal finden die Regatten auch nicht in den sanften Gewässern des amerikanischen Newports statt, sondern auf hoher See vor Freemantle mit der berühmten Meeresbrise mit der Bezeichnung „Freemantle Doctor“. Die Mannschaften müssen nicht nur an ihre Grenzen gehen und den Gegner besiegen, sondern sind zu allem Überfluss auch noch den mitunter launischen Naturelementen ausgeliefert. Die atemberaubenden Bilder dieser Titanenkämpfe werden für immer im Gedächtnis bleiben.
Ein Challenger deklassiert alle seine Rivalen und wirft die 12 anderen Mannschaften aus dem Rennen: das Segelboot „Stars & Stripes“ von Dennis Conner. Er trifft wieder auf die australische Mannschaft von 1982. Und besiegt diese mit 4 zu 0. Der Makel ist beseitigt. Der America´s Cup kehrt in die Vereinigten Staaten zurück, diesmal aber nach San Diego an die Pazifikküste.

1988, 27. Auflage – das erste Mehrrumpfboot an der Startlinie

Die Neuseeländer reagieren postwendend und fordern die Amerikaner im Geiste der originalen Regeln der „Deed of Gift“ heraus. Der Challenger kündigt ein Einrumpfboot mit einer gigantischen Länge über alles von 123 Fuss (etwa 40 m) und einer Besatzung von 30 bis 40 Mann an. Der amerikanische Defender muss in aller Eile auf diese Herausforderung reagieren. Aber wie soll man auf solch ein Segelboot reagieren und eine erfolgreiche Verteidigung an den Tag legen?
Die Antwort auf diese Herausforderung ist originell und gleichermassen unerwartet: ein Katamaran mit einer Länge von 60 Fuss (etwa 18 m), ultraleicht, ausgestattet mit einem Starrsegel. Bei diesem Wettlauf gegen die Uhr nimmt Dennis Conner französisches Know-how in Anspruch, um möglichst schnell viel über Mehrrumpfboote zu lernen: Pierre le Maout vermittelt ihm alles nötige Wissen über diesen Typ von Segelboot.
Das Geschick des amerikanischen Skippers und seiner Mannschaft bändigt den Elan des Katamarans „Stars & Stripes“ und besiegt das neuseeländische Monster mit 2 zu 0.

1995 - 2000, die 29. und 30. Auflage

Bei der 29. Auflage gibt es ein Déjà-vu, wieder in San Diego. Diesmal gewinnt der neuseeländische Challenger das Recht, gegen den amerikanischen Defender anzutreten. Das America-Class-Boot „Black Magic“ mit dem Skipper Russell Coutts überrascht durch seine Geschwindigkeit und gewinnt schliesslich 5 zu 0 gegen den Defender mit Dennis Conner am Ruder, der erneut eine Niederlage einstecken muss. Der Pokal wandert diesmal nach Neuseeland. Der Beginn einer neuen Ära.
Bei der 30. Auflage tritt der neuseeländische Defender unter der Führung von Sir Peter Blake und mit dem Skipper Russell Couts an Bord der „Team New Zealand“ gegen die italienische Mannschaft der „Luna Rossa“, gebildet von Patrizio Bertelli, Eigentümer der Marke Prada, an. Zum ersten Mal seit 1 1/2 Jahrhunderten ist keine amerikanische Mannschaft beteiligt, weder als Defender noch als Challenger. Die Italiener hatten in der Finale der Challenger die „America One“ besiegt.
Der Defender gewinnt diese Auflage mit 5 zu 0 und der Pokal bleibt bis zur nächsten Auflage in Auckland.

2003 – 2007, 31. und 32. Auflage – Alinghi, Schweizer Qualität

Alinghi, eine von Ernesto Bertarelli gebildete Mannschaft, tritt 2003 unter der Flagge der Société Nautique de Genève in den Ring. Es handelt sich um die allererste Schweizer Mannschaft, die sich am Wettbewerb beteiligt. Sie besteht zum Teil aus der siegreichen neuseeländischen Mannschaft von 2000, baut ihre zwei America-Class-Boote an den Ufern des Genfer Sees und schickt diese down under.
Alinghi, America's Cup 2003 in Neuseeland

Alinghi, America's Cup 2003 in Neuseeland

© Alinghi Team

Bei der 31. Ausgabe kämpfen nicht weniger als 9 Challenger, darunter drei amerikanische Mannschaft, um das Recht, gegen den Defender anzutreten. Alinghi geht aus der ersten Runde als Sieger hervor und tritt gegen das Team New Zealand an. Die Matches finden von 15. Februar bis 2. März 2003 statt und Alinghi deklassiert den Gegner: ein Sieg mit Pauken und Trompeten mit 5 zu 0.
Die Schweizer Mannschaft geht als die erste europäische Mannschaft in die Annalen ein, die den „Cup“ gewonnen hat, und das gleich bei der ersten Herausforderung.
2007 ist mit der 32. Auflage das Jahr der Verteidigung. Ein historisches Ereignis: Nach 152 Jahren findet der Wettbewerb wieder mal in Europa statt. Die Schweiz hat keinen Zugang zum Meer, wie es eigentlich die „Deed of Gift“ fordert. Daher findet der Wettbewerb schliesslich im spanischen Valencia statt.
Alinghi 2007

Alinghi 2007

© Ivo Rovira / Alinghi / Red Bull Content Pool

Elf Challenger aus 9 verschiedenen Ländern treten an und es beginnt das erbarmungslose Aussortieren. Im Finale stehen schliesslich das Segelboot „Emirates Team New Zealand“ und die Italiener der „Luna Rossa“. Es folgt unmittelbar darauf der Kampf um den Pokal und von 23. Juni bis 3. Juli 2007 verteidigt die Schweizer Mannschaft von Alinghi erfolgreich den Pokal mit 5 Siegen gegen 2 gegenüber dem „Emirates Team New Zealand“.

2010, 33. Auflage – der Siegeszug der Mehrrumpfboote

Nach juristischen Auseinandersetzungen zur Organisation der 33. Auflage und einem langem Kampf vor den Gerichten gewinnt schliesslich der Challenger BMW Oracle nach Sieger in drei Matches das Recht, als Challenger Alinghi herauszufordern.
Die Begegnung findet von 8. bis 14. Februar 2010 statt. Es gewinnt der Sieger auf drei Bahnen, ganz in der Tradition der „Deed of Gift“ und wie bei der 27. Auflage.
Die Amerikaner gehen mit einem gigantischen Trimaran mit einer Länge von 90 Fuss (27 m) und einem starren Flügel ins Rennen. Die Schweizer reagieren mit einem Katamaran mit der gleichen Länge, aber mit klassischen Segeln. Der Trimaran erweist sich auf allen Kursen als schneller und gewinnt 2 zu 0.

2013 – 2017, 34. und 35. Auflage – Die Foil-Mehrrümpfer übernehmen das Feld.

Diese zwei Auflagen finden wieder in den Vereinigen Staaten statt, in San Diego. Ihren grossen Auftritt haben nun Foiling-Katamarane mit starrem Flügel, ein technologischer Sprung nach vorne, der bei diesem Wettbewerb mit stolzer Tradition gigantisch ist. Die Regattasegler müssen sich diesmal komplett umstellen und lernen, mit ihrem Multihull zu fliegen.
Die AC72 sind die Segelboote der 34. Auflage. Diese Heissblüter sind schwer zu bändigen. Am 17. Oktober 2012 kentert das Oracle Team USA und der Flügel bricht. Das Boot trägt schweren Schaden davon. Am 9. Mai 2013 kentert der schwedische Katamaran „Artemis“ und Andrew „Bart“ Simpson kommt dabei um. Er war mit Ian Percy zweifach Olympiamedaillenträger, Gold 2008 und Silber 2012. Diese beiden unzertrennlichen Freunde waren noch gemeinsam an Bord der „Artemis“.
Der Royal New Zealand Yacht Yacht Club besiegt die italienischen und schwedischen Challenger und tritt schliesslich gegen den amerikanischen Defender an. Zunächst liegt der amerikanische Defender mit 1 zu 8 hinten und jeder sieht diesen schon verlieren. Dann beginnt aber der grossartigste Kampf der Sportgeschichte nach vorne, Regatta für Regatta. Und schliesslich gewinnt „Oracle Team USA“ mit einem unglaublichen Ergebnis von 9 zu 8!
2017 findet die 35. Auflage mit AC50-Booten statt, kleineren und vor allem nicht so kostspieligen Katamaranen wie ihre grossen Brüder, die AC72. Diesmal findet der Wettbewerb auf den Bermudas statt.
Aus den Vorausscheiden der Challenger geht „Emirates Team New Zealand“ mit 5 zu 2 als Sieger gegen die „Artemis“ hervor und darf daher gegen den Defender antreten. Die Mannschaft schlägt das „Oracle Team USA“ 7 zu 1 und der Pokal wandert wieder zum Royal New Zealand Yacht Squadron. Der Alptraum von 2013 ist damit vergessen.

2020, 36. Auflage – die Rückkehr der Einrümpfer, aber diesmal… foiling!

Treu seinem Ruf als Hightech-Boot nimmt die AC75 wieder an dieser Auflage teil. Nach dem Siegeszug der Foil-Katamarane mit starrem Flügel gibt es diesmal wieder eine neue Revolution, welche die Segelwelt auf den Kopf stellt: ein Einrumpfboot. Aber der traditionelle Kiel mit den Tonnen von Blei machen zwei riesigen Foils mit Ballast an beiden Seiten des Rumpfes Platz, um Stabilität und sehr hohe Geschwindigkeiten zu ermöglichen! Die Herausforderung besteht darin, diese neue Rennbestie zu bändigen und die Regatta in engem Kontakt zu absolvieren!
Drei Challenger präsentieren sich mit ihren Rennmaschinen dem breiten Publikum und schliesslich ist es die „Luna Rossa“, die aus den Vorausscheiden als Gewinner hervorgeht. Nach ebenso harten wie spektakulären Regatten trägt „Emirates Team New Zealand“ mit 7 zu 3 den Sieg davon.
Hervorzuheben sind der Kampfgeist, die Hartnäckigkeit und die Leidenschaft von Patrizio Bertelli für den „America’s Cup“ mit 6 Teilnahmen an den Vorausscheiden und 2 beim „Cup“ selbst. Seine Mannschaft wird natürlich 2024 in Barcelona bei seiner 7. Teilnahme wieder mit von der Partie sein.

2024, 37. Auflage, Barcelona

Für die 37. Auflage des America´s Cup gibt das „Emirates Team New Zealand“ diesmal dem spanischen Barcelona den Vorzug gegenüber dem Heimatort Auckland. Die Wettbewerbe finden nach wie vor an Bord der heissblütigen AC75-Boote statt. Auf Seiten der Challenger sind 5 Mannschaften angemeldet. Die Eröffnungszeremonie findet am 22. August 2024 statt und der Cup selbst von 12. bis 20. Oktober. Das bedeutet zwei Monate mit erbitterten Regattakämpfen und nicht weniger als vier Wettbewerben, insbesondere diesmal mit einem Doppelwettbewerb für Junioren und Frauen... Die Geschichte geht weiter!
AC75

AC75

© Samo Vidic / Alinghi Red Bull Racing / Red Bull Content Pool