Stell' dir vor: Ein Coach stimmt bei seiner emotionalen Abschiedsrede im ausverkauften Stadion nach einer von Trophies und Emotionen geprägten neunjährigen Ära einen Chant für seinen Nachfolger an, um diesem seinen Start zu erleichtern. Klingt surreal für dich? Ist aber genau so passiert - beim Liverpool-Farewell von Jürgen Klopp an der legendären Anfield Road im Sommer 2024.
Plötzlich stimmte Kloppo “Arne Slot - La La La Lala” an - und das gesamte Stadion machte es ihm nach. Mit reichlich Goosebumps und kullernden Tränen war der nahtlose Übergang von der Klopp- zur Slot-Mania geschafft. Nicht zuletzt diese Geste für den neuen Trainer, der von Feyenoord Rotterdam zum FC Liverpool wechselte und mit den Reds aktuell genauso erfolgreich weiter macht, wie sie unter „The Normal One” aufgehört hatten, spiegelt den Charakter des 57-jährigen Familienvaters wider.
Auch fernab seiner sportlichen Erfolge baute sich der neue Head of Global Soccer bei Red Bull bei all seinen Stationen (Liverpool, Dortmund, Mainz) ein Denkmal. Mit seiner Down to Earth-Mentalität und seinem engen Verhältnis zu jedem einzelnen Spieler. Jürgen Norbert Klopp - so sein vollständiger Name - nahm sich als Trainer nie zu wichtig oder ernst. Es ging um das Team. Die Fans. Und den gemeinsamen Erfolg als Klub. Um es in den Worten des langjährigen Mainz-Managers und seines Entdeckers Christian Heidel zu sagen: “Es gibt viele herausragende Persönlichkeiten im Fußball, aber keine wie Jürgen. Er hat Mainz, Dortmund und Liverpool verändert. Nicht nur die Vereine, sondern auch die Städte und die Menschen.”
Sein Ruf als Motivator eilte ihm überall voraus. Eben nicht erst in Liverpool. Seine einzigartige Journey als Coach begann im Februar 2001 genau da, wo er noch bis kurz zuvor zehn Jahre als Spieler aktiv war: Beim FSV Mainz 05 in der 2. Bundesliga.
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Klopp in Mainz: Let the Legacy begin!
Dass der gebürtige Stuttgarter später beim FC Liverpool Weltstars wie Mohammed Salah, Virgil van Dijk oder Red Bull-Athlet Dominik Szoboszlai coachen und die Champions League gewinnen sollte, war damals noch kaum vorstellbar. Die Realität in Mainz? Erst einmal eine andere - Abstiegskampf im deutschen Unterhaus. Klopp übernahm eine Mannschaft, in der er vorher noch selbst als Spieler gekickt hatte. Aus einem Bauchgefühl heraus hievte Manager Christian Heidel einen seiner Spieler in die Trainer-Position, anstatt einen gestandenen Coach zu verpflichten. Anfangs sogar noch ohne gültigen Trainerschein gewann Klopp als neuer Mainz-Trainer sechs der ersten sieben Matches und führte seinen Klub zum Klassenverbleib.
Es gibt viele herausragende Persönlichkeiten im Fußball, aber keine wie Jürgen. Er hat Mainz, Dortmund und Liverpool verändert. Nicht nur die Vereine, sondern auch die Städte und die Menschen.
Schnell wurde klar: Kloppo hatte etwas Einzigartiges als Trainer. Eine mitreißende Aura. Er galt als “junger Motivator” und schaffte schon in Mainz das, wofür er später berühmt wurde: Jeden Spieler besser zu machen - und aus jedem das Maximum herauszukitzeln. 2004 gelang Klopp mit dem FSV Mainz der Aufstieg in die 1. Bundesliga. Umso beeindruckender war dieser Erfolg, weil das Klopp-Team zuvor zweimal haarscharf den Sprung in die 1. Liga verpasst hatte.
2003 führte ein Tor eines langjährigen Klopp-Freundes zum Mainzer Nicht-Aufstieg. Alexander Schur traf Sekunden vor dem Saisonende zum 6:3 für Eintracht Frankfurt gegen den SSV Reutlingen - und katapultierte die Eintracht aufgrund der besseren Tordifferenz auf einen Aufstiegsplatz. Dass Klopp mit Mainz in der Saison darauf wieder oben mitspielte und es diesmal packte, zeigte einen großen Skill von Klopp, der ihn später zu einem der besten und beliebtesten Trainer aller Zeiten aufstiegen ließ: “The Normal One” war nämlich alles andere als normal. Er entwickelte seine Spieler zu Mentalitätsmonstern und impfte ihnen eine rigorose Never give up-Einstellung ein.
Vier weitere Jahre coachte Kloppo seinen Herzensklub, zu dem er auch heute noch eine besondere Bindung hat. Das letzte davon wieder in der 2. Bundesliga. Nach einem knapp verpassten Wiederaufstieg stand seine Entscheidung fest: Schweren Herzens verließ Klopp den Verein. Dass die Mainzer Fans zu seinem Abschied “You never walk alone” anstimmten, war vielleicht bereits früh ein Zeichen für seine Station in England sieben Jahre später - und ein letzter Beweis für die Aussage von Mainz-Manager Heidel: “Klopp hat es geschafft, aus einer grauen Maus einen farbenfrohen Verein zu machen.”
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Klopps BVB-Ära: Woher der Spitzname "Pöhler" kommt
Bevor Klopp aber in Liverpool eine unvergessliche Ära prägte, wurde er noch bei einem anderen Verein zur Legende: Bei Borussia Dortmund. Mit dem BVB beendete er 2011 eine Titel-Durststrecke, holte im Folgejahr sogar das Double aus Pokal und Meisterschaft und wurde anschließend noch zweimal Vizemeister. Historisch war auch das Champions League-Finale 2013, in dem er mit Dortmund im Londoner Wembley Stadion gegen den FC Bayern 1:2 verlor. Klopp schaffte während seiner Zeit beim BVB das, was in vielen Jahren darauf keinem Team in der Bundesliga mehr gelang: Dem FC Bayern ernsthaft Paroli bieten. Übrigens: Schon zu dieser Zeit gab es das Prestige-Duell zwischen Klopp und Pep Guardiola, der vor seinem Wechsel zu Manchester City drei Jahre den FC Bayern coachte.
Der Legendenstatus von Klopp definierte sich aber auch in Dortmund nicht bloß über seine Erfolge. Beim BVB erreichte Kloppo aus mehreren Gründen Kultstatus. Seine lockere Art, mit der er immer für gute Laune und spontan witzige Sprüche sorgte, kam nicht nur bei den eigenen Fans gut an. Durch seine emotionalen (Wut-)Ausbrüche an der Seitenlinie erhielt er den Spitznamen “Pöhler”. Es dauerte nicht lange, bis er mit einer Pöhler-Cap über den Haaren coachte. Aber auch manche Bilder der - per Haartransplantation - aufgepeppten Klopp-Frisur gingen um die Welt.
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Klopp in Liverpool: Das Memorial von "The Normal One"
2015 zog Klopp dann weiter auf seiner Reise - und wurde in Liverpool Nachfolger von Brendan Rodgers. Der sollte übrigens keinen Chant für Jürgen Klopp anstimmen (falls du dich das jetzt gefragt hast). Klopps Start bei den Reds war die Geburtsstunde von “The Normal One” - so stellte er sich in Anlehnung an den Spitznamen von José Mourinho (“The Special One”) bei der Vorstellungs-Pressekonferenz vor. And the rest is history…
Ich werde Jürgen in der Premier League vermissen. Er hat eine sehr wichtige Rolle in meinem Leben gespielt und mich auf ein anderes Level als Trainer gehoben.
Liverpool und Klopp: Was bei der Vorstellung humorvoll begann, entwickelte sich zu einer Love Story der Neuzeit - gemacht für echte Fußball-Romantiker. “The Normal One” gelang es in Zeiten eines historisch starken Manchester City mit Pep Guardiola als Coach und seinen größten Rivalen, den alten Glanz des Kultklubs aus Merseyside wieder hervorzuholen - und die Reds nicht nur zum Champions League-Sieg, sondern auch zum lange ersehnten Premier League-Titel zu führen. Die Klopp-Mania in Liverpool kannte keine Grenzen. Egal ob klein, groß, jung oder alt: Jeder, der es mit dem FC Liverpool hielt, vergötterte Klopp.
Umso schwerer fiel es dem Weltclub-Trainer von 2019 im vergangenen Jahr, nach neun Jahren und einem ewigen Prestige-Duell mit Manchester City und Guardiola seine neue Heimat in Nordengland zu verlassen. Mit dem Satz “I am running out of energy” begründete er diese Entscheidung, die nicht nur von Liverpool-Supportern, sondern von Fußball-Fans aus der ganzen Welt emotional aufgenommen wurde. Und als er dann im Anfield für seinen Nachfolger den Arne Slot-Chant auspackte, wurde jedem Fan im Stadion noch einmal bewusst: We will miss you - genau wegen solcher besonderen Klopp Moments.
Selbst sein größter Gegner Guardiola gab zu: “Ich werde Jürgen in der Premier League vermissen. Er hat eine sehr wichtige Rolle in meinem Leben gespielt und mich auf ein anderes Level als Trainer gehoben. Jürgen war ein großer Gegner. Es gab viele Momente, in denen ich keinen Weg gefunden habe, ihn zu schlagen, so wie ich es bei anderen Teams geschafft habe.”
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Jürgen Klopp startet bei Red Bull: Erster offizieller Live-Auftritt am 14. Januar
Jürgen Klopp startet im Januar 2025 seinen neuen Job als Head of Global Soccer bei Red Bull. Am 14. Januar wird Jürgen Klopp offiziell in seiner neuen Position vorgestellt. In einer Pressekonferenz gibt er Einblicke in seine Arbeit.
Die Pressekonferenz im Red Bull Hangar 7 in Salzburg kannst du live auf Red Bull TV verfolgen: