Rap 💯
Während im Norden des Berliner Bezirks Neukölln die Mieten in den Himmel steigen, sind es weiter südlich die Hochhaustürme, die weit nach oben ragen: Dort liegt die Gropiusstadt mit ihren Wohnblocks. Aber auch vor der Skyline der „Gropi“ macht der Preisanstieg nicht halt, sozial Schwache werden weiter an den Rand gedrängt, während Tagestouristen auf der Suche nach gefährlich aussehenden Banlieue-Fotomotiven gern für ein Insta-Shooting mit dem Leihauto vorbeikommen.
Hier wächst Luvre47 auf, die eine Hälfte unserer aktuellen Newcomer-Kombo. Hier macht er, zuerst von US-Rap zwischen Eminem und Gucci Mane inspiriert, seine ersten musikalischen Gehversuche, die er solange nur mit seinem unmittelbaren Umfeld teilt, bis er sicher sein kann: Jetzt endlich darf es die Welt hören. Entsprechend professionell klangen schon frühe Releases wie „Jeden Tag“ im Jahr 2017.
Deutlich mehr Aufmerksamkeit wird Luvre zuteil, als er 2019 der ganz besonders trostlosen Linie U7 einen Song samt Video widmet, in dem auch die Nähe zur Graffitikunst nicht zu kurz kommt:
Diese U-Bahn-Linie ist es auch, die die Gropiusstadt mit den Altbau-Mietskasernen im nördlichen Neukölln 44 verbindet, der Hood von Bangs und seiner Army Of Brothers. Irgendwo zwischen Hermannplatz und Lipschitzallee kreuzten sich die Wege von Luvre47 und Bangs, die nun am 9. Oktober ihre gemeinsame EP „Zweimalvier“ veröffentlichen.
Auch Bangs mit seiner markanten Stimme macht schon seit Jahren ehrlichen Straßenrap, angefangen im Jahr 2016 mit einem Song, der so heißt wie er selbst. Seit dieser Grillparty darf man ihm zuhören, wie er immer weiter reift und immer besser weiß, was er als Künstler will.
Unter anderem in den Red Bull Music Studios entstand immer umfangreicherer Output aus einem so entschlossenen wie kontrastreichen Camp – checkt „Breakdance“ von Bangs mit der gesamten Army Of Brothers im Hintergrund.
Man versteht, wieso das Duo sich gegenseitig so gut ergänzt: Bangs mit der tiefen Stimme, mit den direkten Straßengeschichten und den Betrachtungen aus dem alltäglichen Irrsinn. Luvre47 hingegen blickt häufiger von außen auf die Dinge, abstrahiert, ordnet ein, philosophiert. Und trotzdem vereint sie der Hustle, das Immerweitermachen, die Scheine. Zwei Songs zum Thema.
Im Frühjahr veröffentlichten beide noch solo, „Hamsterrad“ hieß die EP von Luvre und „Alles gefickt“ das Album von Bangs. (Erinnert ihr euch bei den Titeln an den letzten Absatz hier im Text? Der eine philosophiert, der andere kommt direkt geradeaus? Ihr wisst.) „Ich muss“ – auf der Bangs-EP – war die erste offizielle Kollabo der beiden.
Und jetzt, kurz bevor „Zweimalvier“ erscheint, stehen wir auch kurz vor dem Abschluss eine kinotauglichen Video-Trilogie. Den Auftakt machte „Ausgang“:
… gefolgt von „Todeskreis“:
Packend erzählt, emotional so ambivalent wie schlüssig, die Videos auf Kurzfilmniveau: Wir warten sehnlichst auf den dritten Teil der Abfolge. Und freuen uns auf „Zweimalvier“, die erste gemeinsame EP von zwei der wichtigsten Newcomer aus dem Berliner Süden.