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Psaiko.Dino: "Irgendwas wird sich schon ergeben"
Das neue Album "#hangster" des Stuttgarter DJs soll deutschen Straßen- und Hipster-Rap versöhnen.
Autor: Marc Leopoldseder
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Psaiko Dino
Psaiko Dino© [unknown]
Psaiko.Dino ist nicht nur der DJ, sondern auf eine gewisse Weise auch das Gesicht von Cro: Denn während der Rapper sein Antlitz nach wie vor hinter der berühmten Pandamaske verbirgt, ist Psaiko.Dino dieser Luxus der Anonymität nicht vergönnt. Immer, wenn er irgendwo auftaucht, scannen die Fans seine Umgebung nach dem unmaskierten Panda – der lippengepiercte junge Mann mit dem Schnürsenkel in der Skinny-Jeans ist bekannt wie ein bunter Hund. "#hangster" heißt sein Produzentenalbum bei Chimperator, mit dem er quasi per Hashtag das vermeintliche Deutschrap-Schisma zwischen Hipstern hüben und Gangstern drüben überwinden will. Cro macht Musik mit Haftbefehl, Kaas mit Schwesta Ewa, DCVDNS mit Eko Fresh – and the list of krasse Gegensätze goes on, alles auf den Beats von Psaiko.Dino.
Was hat es mit dem "#hangster"-Konzept auf sich?
Ich hatte eines Nachts die Schnapsidee, eine Plattform zu schaffen, auf der Features zwischen Künstlern stattfinden könnten, die sonst eher nichts miteinander machen würden. Darauf hat das alles aufgebaut. Der Name ist erst später entstanden. Bei Carlo hat "Raop" ja schon gut funktioniert, also haben wir da ein bisschen rumprobiert, ob sich da was Cooles ergibt. Es hätte auch "#gipster" werden können. (lacht)
Du hast also auch kein Problem mit diesen Schubladen? Dir hängt ja ganz stark dieses Hipster-Etikett an.
Doch, das finde ich schon ein bisschen doof. Wir haben einfach die zwei krassen Klischees gewählt: Da Gangster – und da wir, die "Hipster". Aber lauf mal durch Berlin heutzutage, da sind wir keine Hipster mehr. (grinst) Das ausschlaggebende Ding für das Album war das Feature mit Cro und Haftbefehl. Und dann stellte sich die Frage, was man damit macht, wenn der Track schon mal da ist.
Viel Zeit dürftest du als DJ von Cro und mit deinen ganzen Bookings ja nicht haben, um Beats zu produzieren.
Wenn was dabei rumkommt, so wie "Ja ja ve ve" auf Haftbefehls Album, dann freut mich das natürlich. Ich hab das nie als Job gesehen, von wegen: Ich muss jetzt platzieren, sonst kann ich meine Miete nicht bezahlen. Aber jetzt hatte ich halt ein Ziel vor Augen, auf das ich hingearbeitet habe. Sonst ist Beats machen ja auch gerne mal ein bisschen frustrierend, weil du es nicht in der Hand hast, wann der Song fertig wird.
Wie viel Gewicht hat eigentlich die Tatsache, dass du bei diesem Projekt auch mal im Mittelpunkt stehen kannst und nicht nur der Sidekick des Pandas bist?
Sogar "nur" der Sidekick von dem Panda zu sein, war ja schon überkrass. Man kennt mein Gesicht, seines hingegen nicht. Deswegen hab ich schon so viel Aufmerksamkeit für fast nichts bekommen, doof gesagt. (lacht) Es war also schon viel zu viel Rampenlicht da, als dass meine Motivation gewesen wäre, noch höher zu kommen.
Hattest du anfangs nicht sogar auch eine Maske auf?
Eine Eisbärmaske, genau. (lacht) Ich hab ja damals die Pandamaske gekauft. Cro und ich hatten unseren allerersten Auftritt zusammen, und dafür hatten wir uns selber Masken gebastelt. Wir hatten die Idee, immer gegensätzliche Paare zu machen – und für den ersten Auftritt hatten wir Masken von Bushido und Sarrazin, weil das damals gerade in den Medien war. Dafür haben wir uns die Gesichter ausgedruckt und auf Pappe geklebt. Und das wollten wir für jeden Auftritt neu machen, aber haben dann schnell gemerkt, dass das viel zu viel Aufwand ist. Von der ersten Gage, 100 Euro, haben wir uns daher diese zwei Masken bestellt: Die Panda- und die Eisbärmaske. Dann saßen wir bei mir zu Hause, haben die anprobiert und gemerkt: Geht gar nicht. Beim Eisbären musste man durch den Mund durchschauen, die saß ganz komisch und hat gewackelt. Es wäre also nicht möglich gewesen, damit zu rappen. Mit der Pandamaske ging das schon. Es hätte auch ein Eisbär-Hype werden können, wenn die Maske cooler gewesen wäre. Alle vermuten dahinter ja ganz krasse, geplante Management- und PR-Moves, aber so war das nicht. Das waren einfach ganz viele Zufälle, die ineinander gegriffen haben.
Psaiko.Dino: DJ und Produzent
Psaiko.Dino: DJ und Produzent© [unknown]
Warum hast du aufgehört, eine Maske zu tragen?
Bei der Madcon-Tour hatte ich anfangs noch immer die Eisbärmaske auf. Aber weil die bei mir so dumm saß, hab ich es dann gelassen. Mit der Maske konntest du nicht mal springen, das war irgendwann nur noch lästig. Bei Carlo musste sie halt drauf bleiben, weil das ja alles so krass schnell gewachsen ist.
Der Beat, den man am ehesten mit dir assoziiert, ist "Ja ja ve ve" von Haftbefehl. Ist das deine stilistische Ecke?
Eigentlich nicht. Ich mag es sehr gerne, auf bestimmte Sachen hin zu produzieren. Genau so war das damals bei Haftbefehl: Ich hab mich hingesetzt und einen Beat für ihn gemacht. Und er hat den auch gleich gepickt. Dieses "Ja ja ve ve" stammt ja aus dem Song "Schock", den hab ich damals übelst abgefeiert. Haftbefehls Album "Azzlack Stereotyp" war zu dem Zeitpunkt schon fertig, aber er hat das Stück noch ganz schnell als Intro aufgenommen.
Vielleicht kannst du am Beispiel Ewa und Kaas mal erläutern, wie du dir die Paarungen zusammengesucht hast: Die kommen beide aus Polen, also sollten sie was zusammen machen?
Nee, so nicht. (lacht) Ich hab einfach immer geschaut, wer ein krasses Gegensatzpaar bilden kann. Dass tatsächlich beide aus Polen kommen, war Zufall. Und sie fanden das auch witzig, dass es auch auf der Ebene so gut passt. Aber das Albumkonzept wurde auch ein bisschen erweitert, denn diesen krassen, großen Gegensatz wie bei Cro und Haftbefehl kannst du über Albumlänge nicht halten. Ewa und Kaas sind, abgesehen von Cro und Hafti, schon der krasseste Gegensatz auf der Platte. Vielleicht noch der Umstand, dass Sido das Intro und Weekend das Outro macht.
Sidos Intro ist gar nicht mal so nett dir gegenüber...
Nein. Und wahrscheinlich ist es wirklich ernst gemeint. Also, meine Hosen mag er bestimmt nicht. (lacht)
Die Frage, die da vorkommt, lautet: Wer ist dieser Psaiko.Dino überhaupt? Und das ist ein Sample aus der "Mixery Raw Deluxe"-Sendung mit Sido, Haftbefehl, Cro und dir. Du saßt eigentlich das ganze Gespräch lang nur daneben.
Klar. Ich hab auch vorher gefragt, was ich da überhaupt soll. Mir war saber chon klar, dass da drei krasse Rapper saßen, die alle richtig viel verkauft haben – warum sollte ich die Möglichkeit auslassen, mit den dreien an einem Tisch zu sitzen? Dass Sido das gefragt hat, war für mich nicht überraschend. Aber natürlich war das für mich unangenehm, weil ich mich ohnehin schon unsicher fühlte. (lacht) Es war cool, dass Hafti dann so Partei für mich ergriffen hat, das hat die Stimmung ein bisschen aufgelockert. Und dass Sido dann jetzt noch das Intro für mich gemacht hat, das ist wirklich sehr cool von ihm. Das war meine Idee: Ich nehme das Vocal-Sample, mache einen Beat draus, und wenn er darauf rappen würde, dann würde das die ganze Situation nachträglich mit einem Augenzwinkern versehen. Und das hat so geklappt.
Das neue Album von Psaiko.Dino heißt "#hangster".
Das neue Album von Psaiko.Dino heißt "#hangster".© [unknown]
Welchen Rap-Part findest du besser: deinen eigenen oder den von Manny Marc?
Ich mag alle Parts auf dem Album. (lacht) Ich finde den von Manny Marc nicht schlecht. Das ist jetzt vielleicht kein philosophischer Text oder so, aber bei den Atzen geht es eher um ein Augenzwinkern als darum, die Welt mit einem Text zu verändern. Vor dem Hintergrund funktioniert das schon sehr gut, finde ich. Den Part von Frauenarzt finde ich sogar richtig krass: wie er reinkommt, wie früher. Ich war auch mit den Atzen in Stuttgart auf der Bühne, als sie auf im Festzelt gespielt haben. Das war verrückt. Wir waren ein bisschen zu spät dran, die Atzen schon an der Bühne, das Intro läuft bereits, da ruft mich Marc an: Komm her, du musst mit auf die Bühne! Ich bin dann von vier Securitys geholt worden, nur damit ich auf der Bühne rumstehen und Bier trinken kann. (lacht) Super nette Typen. Die machen ihr Ding, es ist immer geile Stimmung – die haben den Spaß ihres Lebens.
Es gibt ein YouTube-Video, wo du in irgendeinem ranzigen Jugendclub mit Rockstah auf der Bühne stehst und rappst. Und du hast auch auf der letzten Cro-Tour immer einen kleinen Rap-Part gehabt. Verfolgst du das ernsthaft?
Nee. Damals hatte ich halt mit Rockstah ein Projekt namens Sportfreunde Lauter. (lacht) Wir hatten so vier, fünf Jugendclub-Gigs, da war ich halt Backup und hatte auch einen Part. Aber das war halt Spaß. Unter der Woche war ich in der Schule und am Wochenende haben wir ein bisschen gerappt.
Du machst Beats, du rappst ein wenig, legst auf und hast nun dieses Album organisiert und produziert – was ist dein eigenes künstlerisches Selbstverständnis?
Ich mach das, was mir unter den aktuellen Umständen, die ich mir auch über Carlo – das aber bitte in Klammern (lacht) – aufgebaut habe, möglich ist. Ich hole das Maximale aus meiner Situation heraus. Und da ich nun mal Beats mache und die Möglichkeit habe, ein Album rauszubringen, mach ich das natürlich. Beats sind meine Leidenschaft, das mache ich schon seit 15 Jahren.
Du bist ja auch viel älter als Cro...
Na ja, vier, fünf Jahre. Wenn ich 65 bin, ist er 60. Und ich sehe ja trotzdem aus wie 20. (lacht)
Das Album ist dein erster Solo-Eintrag in deiner Diskografie. Hast du vor, das noch auszubauen?
Ja. Ich könnte mir schon vorstellen, da noch einen Teil nachzupfeffern. Ich würde aber auch gern mit einem Rapper ein ganzes Album machen. Ich will mal ein komplettes Soundbild erarbeiten, ganze Songs fertigstellen und ausproduzieren. Das Problem ist halt, dass die meisten Rapper bei Chimperator schon versorgt sind. Carlo zum Beispiel kann ja auch selbst Beats machen, und das leider viel zu gut. (lacht) Aber mein Lebensmotto ist: Irgendwas wird sich schon ergeben. Das hab ich mir sogar tätowieren lassen.
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