Anton "Toni" Palzer ist Radprofi beim deutschen Team Red Bull - BORA - hansgrohe. Nach seiner Karriere als Skibergsteiger hat er umgesattelt und geht im Jahr 2023 in seine dritte Saison als Berufsradfahrer. Er weiß also, wie man im Winter richtig trainiert. Mit seinen Tipps kommst du fit und sicher durch die kalte Jahreszeit.
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Setz' dir ein Ziel
Das Wintertraining ist entscheidend für deine Leistungsfähigkeit im Sommer. In den kalten Monaten baust du deine Form auf und legst die Grundlagen für das gesamte Rennrad-Jahr. Deshalb solltest du dir einen Plan zurechtlegen, um deinen Trainingsalltag strukturiert zu gestalten. Immer im Blick: dein Saison-Ziel. Auf dieses ist alles ausgerichtet: vom Zeitpunkt, an dem du deine Vorbereitung startest, über die Trainingsinhalte bis hin zu den Umfängen. Die wichtigste Frage, die du dir vor deiner Planung stellen solltest, lautet: auf welches sportliche Highlight möchte ich mich vorbereiten? Die Antwortmöglichkeiten sind zahlreich – Saisonhöhepunkte könnten zum Beispiel folgende sein:
- Den ersten Radmarathon finishen
- Podestplatz bei einem Jedermann-Rennen
- Eine Mehrtagestour oder Alpenüberquerung bewältigen
- Meine eigene Fitness verbessern
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Saisonpause & Regeneration
Die meisten Radsportler pausieren im Oktober und November, um dann mit frischen Kräften in der Vorbereitungsphase durchzustarten. Die „frischen Kräfte“ beziehen sich dabei auf den körperlichen Zustand – und nicht weniger wichtig: auch auf den mentalen. Eine vordergründige Rolle beim Wintertraining spielt deine Motivation – der Winter ist lang, kalt und hart. Um deinen Trainingsplan erfüllen zu können, musst du also auch im Kopf stark und erholt sein.
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Betreibe Alternativsport
Alternativsportarten können dir dabei helfen, Abwechslung und damit noch mehr Spaß in deinen Trainingsalltag zu bringen. Als ehemaliger Skibergsteiger kennt Toni Palzer die besten Optionen für ein ganzheitliches Training: „Von November bis Januar würde ich das Verhältnis – Rad zu Alternativsportarten – auf etwa 70:30 beziffern. In der Zeit bis Weihnachten lege ich den Fokus etwas mehr auf Alternativsportarten wie Skilanglauf, die die Muskulatur stärken. Generell sollte man hierauf auch einen Trainingsschwerpunkt legen, um die Vernachlässigung des Oberkörpers beim Rennradfahren auszugleichen.“ Dafür bieten sich folgende Sportarten an:
- Krafttraining im Fitnessstudio
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Das Grundlagentraining
„Eine 30 Stunden-Woche auf dem Rad ist bei mir Standard."
Radsport ist ein Ausdauersport – deshalb nimmt das Grundlagentraining den größten zeitlichen Rahmen in Anspruch. Von Anfang November bis zirka Mitte Februar sollte der Hauptteil des Trainings darauf ausgelegt sein, die Ausdauer zu steigern. Das weiß auch Radprofi Toni Palzer: „Die Grundlagen-Einheiten werden erst weit nach Weihnachten kürzer. Die Ausfahrten sind bis dahin lang und gemütlich. Im Anschluss steht ein- bis zweimal pro Woche ein Intervall-Programm auf dem Plan. Die effektive Rennhärte entwickelst du erst im Wettkampf.“
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Effizientes Training
Normalsterbliche Hobbysportler müssen ihr Wintertraining neben der Arbeit absolvieren. Dementsprechend begrenzt ist die Zeit, die einem dafür zur Verfügung steht. In diesem Fall empfiehlt sich kurze und intensive Einheiten unter der Woche mit klassischen ruhigen Ausdauer-Ausfahrten am Wochenende zu mixen. Bei diesem Ansatz kannst du das Training auf der Rolle mit dem Training draußen kombinieren – das rät auch Toni Palzer: „Für Intervall-Training bietet sich die Rolle an. Das Gerät gibt den Widerstand vor und die Einheiten lassen sich gezielt auf die Watt-Leistung einstellen, die du erreichen willst. Für das Grundlagentraining gibt es aber keine Alternative zur Straße – längere Touren über zweieinhalb Stunden fahre ich auch über die Wintermonate nur draußen.“
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Zieh dich smart und warm an
Radsportler müssen im Winter nicht nur mit ihrem Trainingsplan umgehen können, sondern auch mit Kälte. In Sachen Bekleidung solltest du dich deshalb mit dem Stichwort „Zwiebel“ auseinandersetzen. Palzers Tipp: „Ich trage größtenteils Funktionskleidung aus Neopren, einen Rollkragen-Pullover und dann die Jacke darüber.“ Am wichtigsten ist es aber, die Extremitäten zu schützen. „Häufig wird vernachlässigt, auch die Zehen mit Thermosocken warmzuhalten. Bleiben noch die Hände, die am Lenker viel Fahrtwind abbekommen. Um gut bremsen und lenken zu können, empfehlen sich 3 Finger-Handschuhe statt dem normalen Fäustling,“ hält Toni fest. Angenehm kann ebenfalls ein Schlauchtuch für den Hals sein, das sich auch übers Gesicht ziehen lässt.
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Mach dich sichtbar
In der kalten und dunklen Jahreszeit bist du sicherer unterwegs, wenn du dich sichtbarer machst – mit Licht und reflektierender Bekleidung. Wenn du dein Rennrad mit einer Lichtanlage ausstattest, solltest du darauf achten, das dein Front- und Rücklicht mit der Straßenverkehrsordnung konform ist. Noch sichtbarer wirst du mit auffallender Bekleidung. Achte darauf, dass dein Trikot mit reflektierenden Elemente ausgestattet ist oder mit Neonfarben gestaltet ist.
„Front- und Rücklicht sind Pflicht. In der Herbst- und Winterzeit wird es schließlich schnell dunkel. Außerdem musst du immer einen Ersatzschlauch und eine Pumpe dabei haben, um auf eine Panne reagieren zu können.“
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Das richtige Zubehör fürs Rennrad
Es gibt nichts nervigeres, als einen Defekt zu haben. Gerade im Winter ist dafür das Risiko größer – wegen den ganzen Kieselsteinen, die auf den Straßen verstreut werden. Stehenbleiben, Handschuhe ausziehen, Reifen wechseln, frieren: das gilt es zu vermeiden. Statte dein Rennrad also mit hochwertigen, pannensicheren Reifen aus.
Schutzbleche können deinen Komfort im Winter erhöhen. Sie verhindern, dass du Spritzwasser abbekommst und schneller auskühlst. Wenn du in der Gruppe unterwegs bist, kannst das hinter Schutzblech noch etwas verlängern – so ist auch dein Hintermann oder deine Hinterfrau vor Spritzwasser geschützt.
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Belohne dich
Toni weiß, was im Winter niemals beim Rennradtraining fehlen darf, damit du gesund bleibst und sich deine Stimmung immer auf einem positiven Level bewegt: „Eine zusätzliche dünne Mütze unter dem Helm, die Thermosflasche und Kräuterbonbons zum Lutschen dürfen niemals fehlen.“ Wenn du im Winter draußen trainierst, solltest du dich auch dafür belohnen – und wenn es nur mit Kleinigkeiten ist. Nimm dir heißen Tee mit, verpflege dich mit einem Stück Kuchen oder bereite zu Hause schon etwas vor, auf das du dich während deiner Ausfahrt freuen kannst. Nach ein paar Stunden in der Kälte hast du es dir auf jeden Fall verdient.