Skateboarding
Die Profi-Skater Ryan Decenzo, TJ Rogers und Torey Pudwill stellen sich einer winterlichen Challenge - sie skaten auf einem zugefrorenen See in Minnesota auf rotierenden Rampen und Rails.
Man könnte meinen, dass Ryan Decenzo und sein kanadischer Kumpel TJ Rogers bestens ans Skaten bei eisigen Temperaturen gewöhnt sind – aber was macht der sonnenverwöhnte Südkalifornier Torey Pudwill mit ihnen auf einem rotierenden Eiskarussell mitten auf dem zugefrorenen Coon Lake im winterlichen Minnesota? Wie das Video unten zeigt, kann dieses Trio mit allem umgehen, was man ihm vorsetzt – inklusive einem rotierenden Skatepark auf dem Eis!
Nach früheren eisigen Abenteuern auf seinem Board, bei denen er zum Beispiel über ein 6 m langes Gap über einen gefrorenen Fluss mit aus Schnee gebauten Rampen gesprungen ist und eine 7 Meter lange Rainbow-Rail gegrindet ist, sind Decenzo Minusgrade nicht fremd, aber wie kamen er, Rodgers und Pudwill auf die Idee, diesen Eiskarussellpark zu bauen?
Eiskarussells sind riesige runde Eisplatten, die aus großen Eisflächen geschnitten und in Bewegung gesetzt werden. Sie stammen aus Finnland und haben sich in Nordamerika ausgebreitet - wo sie in Orten wie Minnesota zu einer jährlichen Tradition geworden sind - und haben sich von kleinen lokalen Festen zu großen Attraktionen entwickelt. Ein 541 m breites Eiskarussell, das 2023 in Maine gebaut wurde, hält derzeit den Weltrekord, aber unser Skate-Trio wollte etwas Kleineres, aber genauso Bahnbrechendes.
"Ich wusste eigentlich gar nicht, was ein Eiskarussell ist und hatte die Videos nicht gesehen", sagte Decenzo über die Idee, die hinter dem Projekt steckt. "Ich war aber bereit für die Herausforderung. Mir war nicht klar, dass es so viel kälter sein würde als bei den anderen Winterprojekten, die ich gemacht habe. Ich glaube nicht, dass viele Leute bei diesen Temperaturen skaten gewesen sind, es war verrückt!"
Zeit für die Kettensäge: Einen Eiskarussell-Skatepark bauen
Um die Idee eines Eiskarussell-Skateparks Wirklichkeit werden zu lassen, arbeitete das Trio eng mit Eisschnitzer Paul Miller zusammen, um die perfekte Größe für jedes geplante Feature zu bestimmen. Normalerweise erschafft Miller gigantische Karussells, doch dieses Projekt erforderte präzise Messungen und sorgfältige Anpassungen. Mit seiner Kettensäge arbeitete er teils bis in die Nacht hinein, um jedes Element perfekt für die Dreharbeiten zuzuschneiden. Die Karussells wurden entweder per Hand in Bewegung gesetzt, von einem Allradfahrzeug angeschoben oder mit einem kleinen elektrischen Außenbordmotor angetrieben.
Sie bauten einen rotierenden Skatepark, der ganze drei Tage lang ihre Balance und ihr Timing auf die Probe stellte. Am ersten Tag gab es ein 1,2 m langes Gap durch ein sich drehendes Field Goal. Am zweiten Tag stand eine rotierende Quarterpipe auf einem 4,9 m langen Karussell auf dem Programm. Die ultimative Herausforderung folgte am dritten Tag: eine kreisförmige Rail, die das 3,7 Meter lange Karussell umkreiste und absolute Präzision sowie perfekte Boardkontrolle erforderte – keine leichte Aufgabe mit eiskalten Füßen und gefrorenen Bushings. Jedes Feature verlangte Skaten auf höchstem Niveau und maximale Anpassungsfähigkeit.
Jedes Hindernis hatte seine eigenen Tücken, doch für Decenzo stellte die 360°-Rail die größte Herausforderung dar: "Das Problem war, dass das Wachs bei dieser Kälte einfach nicht funktionierte. Es ließ sich nicht auf die Rail auftragen. Uns lief die Zeit davon, es wurde langsam dunkel, und nichts wollte klappen. Torey und ich mussten die Tricks letztendlich anders machen – nur mit dem bisschen Wachs, das bereits auf unseren Boards war. Außerdem war es das chaotischste Feature: Das eiskalte Wasser spritzte überall hin und durchnässte einfach alles."
Jeder kleine Wasserspritzer, der auf das Board kam, gefror sofort. Das war das schlimmste Szenario. Dein Griptape verwandelte sich in eine kleine Eisfläche. Das Gleiche passierte mit den Schuhen.
Die vielschichtigen Probleme beim Skaten im Eis
Ein Skatepark, der mitten auf einem zugefrorenen See gebaut wurde -- bei Temperaturen weit unter 0°C -- ist nicht der richtige Ort für die übliche Skate-Kleidung, in der Rogers, Pudwill und Decenzo eigentlich gerne skaten. T-Shirt-Wetter war das nicht. Das brachte eine große Herausforderung für die Garderobe mit sich: Wie kann man skaten, während man mehrere Schichten dicker, sperriger Winterkleidung trägt?
"Als mir das Projekt vorgestellt wurde, hieß es nur, dass es in Minnesota stattfindet und dass es Eiskarussells geben wird. Und ich sagte zu", sagt der in Kalifornien geborene Pudwill. "Als ich dort ankam, war es völlig unvorstellbar. Ich war noch nie in solchen Temperaturen. Ich war nicht darauf vorbereitet. Ich hatte es nicht richtig durchdacht.
"Du musstest so viele Schichten tragen, wie du konntest - mindestens fünf Schichten. Ich hatte zwei Paar Socken und Fußwärmer in meinen Socken und Schuhen - dann musste man mit Schneestiefeln auf den See hinausgehen, sonst wurden die Skateschuhe nass und froren fest. Ich trug eine lange Unterhose, eine Hose und eine weitere Hose darüber, und trotzdem fror ich. Außerdem hatte ich ein Thermoshirt, ein langärmeliges Hemd, ein T-Shirt und eine dicke Jacke, die mir bis zu den Knien reichte - und ich mag es eigentlich nicht, mit vielen Sachen, Sonnenbrillen und Handschuhen zu skaten. Außerdem musste man dicke Schneehandschuhe trage. Eine der größten Herausforderungen war es, erst mal aufzutauen, bevor man überhaupt mit dem Skaten beginnen konnte."
Selbst Decenzo, der als „Snow-Skating-Experte“ gilt, empfand die eisigen Bedingungen und ihre Folgen als beispiellos. "Die Kälte bringt so viele zusätzliche Herausforderungen mit sich. Es war schwieriger als das eigentliche Skaten der Features“, erinnert er sich. "Du kannst dich nicht aufwärmen, spürst deine Füße nicht, und deine Bushings sind komplett eingefroren und reagieren nicht mehr. Ich wusste, dass ich einen Trick landen konnte, aber meine Jacke war im Weg. Also zog ich sie aus – doch dann wurde mir sofort zu kalt. Als ich versuchte, einen 360 Flip durch das Field Goal zu machen, waren meine Füße völlig taub. Die Landung fühlte sich an, als würden meine Füße in tausend Stücke zerspringen.“
Kurz bevor wir mit dem Skaten begannen, fragten wir uns: 'Wie wärmen wir uns überhaupt auf? "Es gibt kein Aufwärmen, man muss einfach sofort loslegen."
Pudwill fand auch schnell heraus, dass sich Skateboards und eiskaltes Wasser nicht vertragen: "Das habe ich schnell herausgefunden: Wenn dein Board mit Eis in Berührung kommt, friert es einfach ein. Nach etwa 20 Minuten wird es ziemlich unerträglich. Es gab ein paar Tricks, die ich eine oder anderthalb Stunden lang probiert habe. Wenn du so viel investierst, musst du all diese Faktoren einfach ausblenden. Die ganze Crew war weg, sie konnten nicht draußen bleiben, also gab es nur mich, einen Filmer und den Fotografen Jonathan Mehring. Es gab einen Punkt, an dem seine Kamera nicht mehr funktionierte, weil es so kalt war.
Bushings aufheizen: Wie man ein Skateboard im Schnee warm hält
Abgesehen von einem dicken Mantel war das vielleicht wichtigste Utensil, das das Trio während des Projekts benutzte, ein kleiner Bunsenbrenner, mit dem sie in regelmäßigen Abständen die Bushings, Kugellager und das Grip-Tape an ihren Boards auftauten.
"Ich hatte schon bei früheren Projekten im Schnee die Bushings mit dem Bunsenbrenner bearbeitet", sagt Decenzo. "Jeder Schneeflocken, der auf dein Board kommt, wird zu Wasser und macht deine Bushings nass. Diesmal aber wurde das Wasser auf dem Board zu Eis. Das war das Worst-Case-Szenario. Dein Griptape verwandelt sich in Eis und das Gleiche passiert mit deinen Schuhen. Es fühlte sich an wie eine 'Mission Impossible'. Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder etwas so Kaltes machen will."
"Der Bunsenbrenner war genial", sagt Pudwill. "Am ersten Tag fiel mein Board ins Wasser und meine Lager, meine Bushings und mein Griptape waren gefroren - ich dachte, das war's. Wir haben es mit einem Brenner bearbeitet, angefangen bei den Lagern, und die Wheels drehten sich wieder großartig - man konnte sehen, wie das Wasser heraustropfte. Meine Achsen bewegten sich nicht mehr, sie waren steinhart, dann lockerten sie sich und bewegten sich wieder. Mein Griptape war so gefroren, dass es rissig wurde. Bei jedem einzelnen Versuch musste ich meine Bushings aufheizen, weil sie sich sonst nicht mehr normal bewegen ließen."
Bei all den Herausforderungen, denen sich die Skater stellen mussten, bevor sie den Eiskarussell-Park überhaupt in Angriff nehmen konnten, welches Setup war am schwierigsten zu skaten?
Für Pudwill war es die Quarterpipe, die maximale Präzision und perfektes Timing erforderte: "Die Quarterpipe war am schwierigsten zu skaten, sie hat mich völlig aus dem Gleichgewicht gebracht. Da sie sich nach links drehte, war alles, was ich backside machen wollte, ein Alley-oop, weil die Quarterpipe sich unter dir drehte. Man musste sich total verdrehen. Ich habe eine Stunde lang versucht, einen Kickflip to Fakie zu machen, aber es war einfach nicht möglich."
Für Rogers war es das Rail. Pudwill machten den Boardslide und kurz vor Einbruch der Dunkelheit schaffte Decenzo einen perfekten 50-50 um das ganze Ding. "Das Schwierigste für mich war die Flatbar. Es war eine ganze 360° Drehung. "Ich habe ein paar Boardslides probiert, aber Torey hat es bei einem seiner ersten Versuche schon geschafft." Zu Decenzos 50-50 meint Rogers: "Es hat nicht nur eine ganze Weile gedauert, sondern er war auch die ganze Zeit gestresst. Das war der letzte Drehtag und es war noch kälter, weil es dunkel wurde."