Die Welle in Teahupo'o (ausgesprochen: „Chop-pu"), auf der Insel Tahiti, ist eine der gefährlichsten Wellen der Welt. Sie befindet sich in der südwestlichsten Ecke des kleineren Teils der Doppelinsel, auf Tahiti Iti. Teahupo'o ist ein kleines, verschlafenes Dorf, in dem bis heute viel von der ursprünglichen Kultur bewahrt werden konnte.
Vor hunderten oder vielleicht sogar tausenden von Jahren strömte Wasser von den Bergen hinter Teahupo'o, unterspülte das Riff und formte die sogenannte „Passe Havea", die Stelle, an der die gepflasterte Straße des Dorfes aufhört und unbefestigte Wege beginnen. Aus diesem Grund ist Teahupo'o heute allgemein als „das Ende der Straße" bekannt.
3 Min
Filmers@Large: Teahupoo
Du hast die Fotos gesehen. Nun kannst über das Video von Teahupo'o's riesigstem Swell staunen.
Die monströse Welle ist bekannt dafür, dass sie extrem hohl und kraftvoll bricht. Die besondere Form bekommt die Welle dadurch, dass sie mit voller Wucht gegen das Riff schlägt. Die Surfer müssen, um die Welle erfolgreich abfahren zu können, tatsächlich schon unter der Lip den Take-Off machen. So verhindern sie, dass sie in die Luft geschleudert werden. So stark ist der Aufprall der Welle Unterwasser auf das Riff!
Die späten 1900er Jahre und der allererste Ride
Bis in die späten 1900er Jahre beobachteten Locals von Teahupo'o gespannt wie die Riesenwelle jährlich vor ihren Häusern hereinrollte - aber niemand dachte daran, auf diesem Ungeheuer zu surfen. 1985 war es dann soweit: Der Einheimische Thierry Vernaudon paddelte gemeinsam mit ein paar Freunden die 15 Minuten hinaus und surfte das erste Mal die Welle von Teahupo'o. Der Swell, den sie surften, kam damals aber nicht einmal in die Nähe dessen, was wir heute von Teahupo'o kennen - eine riesige, kraftvolle und unbarmherzige Welle, die einfach nur furchteinflößend ist. Teahupo'o blieb also nach wie vor ein Geheimnis.
23 Min
Chasing the Shot
Folge dem Fotografen Leroy Bellet auf seiner Suche nach den besten Barrel-Ridern der Welt.
Nur ein Jahr später überquerten die beiden Bodyboarder Mike Stewart und Ben Severson die Brücke am „Ende der Straße". Sie waren die ersten, die zeigten, welches Potential in der Welle von Teahupo'o wirklich steckte - auch wenn es nur vor ihren Kumpels war. Gerüchte verbreiteten sich und bald schon wurde die Welle ein beliebter Treffpunkt für alle Adrenalinjunkies der Underground-Bodyboardwelt.
Der Einstieg in den Profi-Surfsport
Es war erst 1997, als Teahupo'o der Welt wirklich präsentiert wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es zwar Filmmaterial von der Welle, aber nichts von dem konnte großes Aufsehen erregen. Dann entschied sich die ASP World Tour für eine historische Reise nach Tahiti...
Doch leider wurde nicht ganz das gefunden, was man sich erwartet hatte und so fand der Contest in Teahupo'o beinahe nicht statt.
3 Min
Eine Saison mit mächtigen Barrels in Teahupo'o
Filmemacher Ryan Moss verbrachte im Winter die meiste Zeit im Channel in Teahupo'o und filmte einige der besten Swells der Saison. Das ist das Resultat.
„Wir kamen 1997 hierher, um das erste Event zu veranstalten," sagt Steve Robertson, der zu der Zeit ASP Australasian Manager war. Steve war der Mann, der mit der Durchführung der Veranstaltung beauftragt wurde. „Es war ein Desaster."
„Die Wellen war fürchterlich. Das Wetter war grauenhaft. Wir hatten ein großes Boot. Als es dann mitten am Tag einen drastischen Windwechsel gab, wurde das Boot gegen das Riff geschleudert und verursachte einen riesigen Schaden. Dann verließen uns mitten im Event auch noch die Organisatoren, weil sie kein Geld mehr hatten. Sie standen einfach auf und gingen."
Das alles führt dazu, dass Steve und der Rest der ASP-Crew das Preisgeld aus ihren eigenen Taschen bezahlen mussten - sie gingen dabei fast pleite. „Das war eine schreckliche Erfahrung und wir beschlossen nie wieder zurückzukommen."
1 Min
5 Mal Teahupo'o-Welle at its finest
Check it out: Highlights von der Tahiti Pro Warm-Up-Session.
Eine zweite Chance
Aus heiterem Himmel erhielt Steve dann plötzlich einen Anruf von der tahitianischen Regierung. Sie sagten, dass sie alles zurückzahlen würden, solange die ASP ihnen die Rechnungen vom Desaster-Event zeigten. Und das taten sie auch.
„Sie baten uns daraufhin zurückzukommen und das Event 1998 zu veranstalten."
Also machte sich die ASP nur ein Jahr später wieder auf den Weg nach Tahiti, startklar und ready für das Gotcha Pro in Teahupo'o - und erneut endete es in einem Desaster.
„Es war die gleiche alte Geschichte - schlechtes Wetter und fürchterliche Wellen. Die Regierung vor Ort versuchte uns so gut es geht zu unterstützen. Am Ende des Tages war der Ozean aber immer noch flach wie ein See."
Nach der Hälfte des Events machten sich bereits alle Sorgen, dass der Contest nicht zu Ende gefahren werden konnte. Alle außer Raimana Van Bastolaer und Vetea Poto David, zwei einheimische Legenden aus Teahupo'o. „Die Wellen werden bald kommen, keine Sorge," wiederholte Raimana immer und immer wieder.
Und sie kamen.
3 Min
Sessions: Teahupoo mit Tim Bonython
Teahupo'o zeigt sich für alle Hardcore-Surfer von seiner besten Seite
Der Augenblick, der das Surfen für immer veränderte
„Am nächsten Morgen wachten wir auf und trauten unseren Augen nicht," sagt Steve. „Richie Porta, der damalige Head-Judge, war bei mir, als wir es bei Tagesanbruch zum ersten Mal sahen. Wir konnten kaum glauben, was wir da sahen. Es war eine der unwirklichsten Erfahrungen, die ich je gemacht habe."
„Die Wellen waren locker über 3,5 Meter hoch, aber es war nicht die Größe, die uns Sorgen machte. Die unfassbare Power der Welle war unglaublich und außerdem völliges Neuland für ein Surf-Event. Wir dachten nur, ‚können wir die Jungs bei diesen Bedingungen wirklich rauslassen?' Wir hatten ein gutes Starterfeld und es war einfach zu perfekt, um den Contest abzublasen. Wir wussten, dass wir es schaffen können. Also taten wir es."
Das Gotcha Pro-Event dauerte drei Tage und jeder einzelne Tag war außergewöhnlich. Die Bilder gingen um die ganze Welt und plötzlich war der Contest ein riesiger Erfolg.
„Wenn die Regierung von Tahiti und der tahitianische Surfverband, besonders Pascall Luciani und die tahitianische Wasserrettung zu der Zeit (wobei auch heute noch einige von damals im Team sind), nicht so hilfsbereit und motiviert gewesen wären, wären wir sicher nicht zurückgekommen."
„In diesem Jahr und die darauffolgenden vier Jahre danach hatten wir unglaublichen Swell. Die Wellen waren so groß und mächtig, dass der Tower drei Mal hintereinander umfiel. Ich kann mich noch erinnern, dass wir nach einem erfolgreichen Contest-Tag mit einem Getränk am Strand saßen und sahen, wie der Tower im Meer vor unseren Augen von einer Welle erfasst wurde und einfach umstürzte. Chris O'Callahan und Bobby David, zwei Typen, die die Welle und die Location vor Ort gut verstanden, versuchten daraufhin einen Weg zu finden, einen Tower zu bauen, der den gigantischen Swells standhielt. Die beiden waren maßgeblich daran beteiligt."
Ein Blick in die Zukunft und die Bedeutung der Entdeckung von Teahupo'o
Teahupo'o ist fast wie ein Geschenk Gottes an den Surfsport. Die Lichtverhältnisse stimmen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, die Welle ist unfassbar kraftvoll und dann gibt es noch den Riss im Riff, wo die Kamera- und Medienboote gemütlich im Wasser schaukeln können. Die Surfer werden aus der Tube gespuckt und fahren direkt auf die Kameras zu. Es ist einfach ein außergewöhnliches Naturphänomen. Nach der Entdeckung gab es für den Surfsport kein Zurück mehr.
Aber um diese Momente einfangen zu können, steht viel auf dem Spiel. In den ersten paar Jahren von Teahupo'o waren nicht alle davon begeistert.
„Richie Porta und ich mussten uns damals entscheiden, wobei ich mir nicht sicher war, ob wir für dieses Urteil überhaupt qualifiziert waren - denn wir hätten auf keinen Fall dort hinaus gepaddelt. Wir dachten immer, dass etwa 25 % der Surfer unbedingt ins Wasser wollte, 25 % damit einverstanden war und die andere Hälfte nichts damit zu tun haben wollte. Ich glaub diese Zahl hat sich mittlerweile zugunsten derer verändert, die die Welle surfen wollen. Ich bin mir aber sicher, dass es nach wie vor einen kleinen Anteil an Teilnehmern gibt, die darauf hoffen, dass das Event zu Ende ist, bevor ein riesiger Swell kommt."
2 Min
Teahupoo In Motion
Gib dir wie Carlos Burle und Maya Gabeira 6 Meter-Sets in Teahupoo, Tahiti surfen.
„Aber genau darum gehts - wir wollen einen großen Swell und dass es dabei zu Verletzungen kommt, ist bei dieser kritischen Welle keine Überraschung. Aus diesem Grund haben wir auch viel Geld ins Risikomanagement investiert, um den bestmöglichen Plan zu haben. Verletzungen gehören da draußen leider einfach dazu. Unsere Antwort darauf, ist ein Konzept, dass gemeinsam mit der WSL und den Menschen vor Ort erarbeitet wurde. Es ist komplex, umfassend und kompliziert - aber vor allem ist es eines: Notwendig."
Der Surfsport braucht Events wie Teahupo'o, wo einem das Herz stehen bleibt und das Adrenalin durch den Körper pumpt. Aber muss es wirklich so gefährlich und heikel sein? Das, ist das Entscheidende: Es ist spektakulär und riskant - und genau davon lebt der Surfsport.
Es mag zwar einige Zeit gedauert haben, um ans „Ende der Straße" zu gelangen, die Reise hat sich aber definitiv gelohnt.