Am Freitag den 26.06., am frühen Morgen, war für Toni Palzer der ideale Zeitpunkt für einen erneuten Rekordversuch am Watzmann gekommen. Perfektes Bergwetter, kein Schnee mehr auf dem Watzmanngrat und Toni in bester Verfassung.
Normalerweise erholt sich Toni im Juni noch von der langen Saison im Skibergsteigen. Coronabedingt endete seine Winter-Wettkampfsaison jedoch frühzeitig im März. Daher konnte Toni in den vergangenen Monaten bereits viele Lauf-Trainingseinheiten in der Heimat absolvieren. Immer vor Augen – seinen Berg, den Watzmann.
Das Training sind die Hausaufgaben, aber irgendwann muss auch wieder eine Prüfung kommen.
"Ich bin schon ein bisserl nervös, aber super motiviert", so Toni vor dem Start. "Da aktuell keine Wettkämpfe stattfinden, war es an der Zeit, dass ich mir wieder eine Herausforderung suche."
Zusätzlich motiviert durch die neue Rekordzeit des Trailrunners Hannes Namberger, der am Dienstag zuvor in nur 03:01:53, Toni bis dahin bestehenden Rekord geknackt hatte, nahm Toni kurz vor 07:00 Uhr morgens die hochalpine Tour von der Wimbachbrücke übers Watzmannhaus zum Hocheck (2.651m) und über die 2.713 Meter hohe Mittel- zur Südspitze (2.712m) mit Abstieg über das Wimbachgrieß erneut in Angriff.
Zurück an der Wimbachbrücke stoppte die Uhr für Toni nach nur 02:47:08 Stunden, 14 Minuten schneller als die bis dahin bestehende Rekordzeit. Eine kaum vorstellbare Leistung, wenn man bedenkt, dass die meisten Bergsteiger die Runde in ca. 15 Stunden als Zwei-Tages-Tour bewältigen! "Ich war mir heute so sicher," strahlte Toni im Ziel. "Es gab nie eine Situation in der es kritisch war, und deswegen ist es auch so gut gelaufen."
Ich hab wirklich Spaß gehabt. Nur die letzten drei Kilometer vielleicht nicht mehr, da hat's weh getan.
Aufgewachsen in der Ramsau mit Blick auf das Watzmannmassiv ist Toni ein sehr heimatverbundener Athlet und mit der alpinen Umgebung des Berchtesgadener Landes, insbesondere des Bergsteigerdorfes Ramsau eng verwurzelt. Sein Vater Wolfgang Palzer ist Bergführer und Ranger im Nationalpark Berchtesgaden und nahm ihn bereits als Kind mit auf den Watzmann.
Als Leistungssportler stellte sich Toni daher schon früh den Herausforderungen in den heimischen Bergen. So setzte er bereits 2012 als gerade einmal 19-Jähriger mit 03:27 Stunden eine erste Zeitmarke für die Watzmann-Überschreitung. 2015 verbesserte er seinen eigenen Rekord um rund 17 Minuten, um ihn 2018 mit nur 03:06:55 Stunden eher zufällig, aus einer Trainingsrunde heraus erneut zu unterbieten.
Seither war der Sub3-Gedanke, also die 3 Stunden Marke zu knacken in Tonis Kopf verankert – weniger als Rekordjagd, vielmehr als persönlicher Gradmesser. Toni wollte wissen zu welcher Leistung er unter idealen Bedingungen auf der 23 km langen Strecke über rund 2.300 Höhenmeter mit Kletterpassagen im zweiten Schwierigkeitsgrad körperlich und mental in der Lage ist. Und klar ist er auch ein wenig stolz darauf, als Ramsauer die schnellste Zeit am Watzmann nun wieder inne zu haben.
Der Watzmann ist schon irgendwie mein Berg.
Fakten und Zeiten zu Tonis Watzmann-Überschreitung
- Datum: 26.06.2020
- Start Wimbachbrücke 06:58 Uhr
- Watzmannhaus: 49min
- Hocheck: 1.21h
- Südspitze: 1.45h
- Wimbachgrieshütte: 2.18h
- Wimbachbrücke: 2.47h
Hier kannst du dir Tonis Watzmann-Rekord auf seinem Strava Account ansehen. Toni mahnt jedoch vor Nachahmung, da die hochalpine Traverse auf dem Watzmanngrat nur für absolut erfahrene Bergsteiger machbar ist.
Die Watzmann-Überschreitung ist wahrlich kein Kinderspaziergang, sondern eine hochalpine Tour. Das sollte jeder wissen, der sich auf den Weg macht. Und bitte respektiert immer die Regeln des Nationalparks.