Die Schweizer Alpen sind das Paradies für serpentinensüchtige Rennvelofreunde. Höhenmeter gibt’s à gogo, das Bergpanorama ist inklusive. Hier sind die 10 schönsten Berg- und Talfahrten der Schweiz.
Autor: Stefan Michel
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Die drei Klassiker
Mindestens einen davon sollte man als Asphalt-Aficionado mit Kettenöl im Blut einmal gemacht habe. Alle drei schaden auch nicht.
Für viele Rennvelofreunde die ultimative Prüfung: 4000 Höhenmeter, 133 Kilometer, durch drei Kantone im Herzen der Schweiz. Der Susten beginnt mit ein paar steilen Rampen und plagt dann mit lange vor Erreichen sichtbarer Passhöhe. Es folgen fast 30 Kilometer Steigung auf den Grimselpass. Oben empfiehlt sich eine Rast auf der Terrasse des Hotels Grimselpasshöhe am Totensee. Kurvenreich geht’s hinunter nach Gletsch und gleich in die Steigung zum Furkapass hinein. Kurz vor dem höchsten Punkt kann man sich zusammen mit tausend Touristen am Hotel Belvédère die letzten Reste des Rhonegletschers anschauen. Es folgt eine Serie von Haarnadeln hinunter nach Andermatt. Tipp: Ein Plättli in einem der Restaurants am Dorfplatz. Wer noch mag, fährt weitere 1000 Höhenmeter hinunter nach Flüelen. Auf der Passtrasse nach Göschenen ist allerdings oft Stau, der Spassfaktor limitiert.
St. Moritz – Albulapass – Davos – Flüelapass – St. Moritz
Eine Postkartentour, die es in sich hat. Nur 620 Höhenmeter überwindet die Ostseite des Albulapasses, ein paar fiese steile Rampen bringen den Kreislauf trotzdem schon mal kurz in den blauen Bereich. Oben lockt das Albula Hospiz, die Aussicht hinunter ins Albulatal ist zumindest eine Stehpause wert. Im unteren Teil der eher schmalen Passstrasse sieht man immer wieder die spektakuläre Albula-Bahnlinie, die zum UNESCO Weltkulturerbe gehört. In Tiefencastel beginnt der sanfte Anstieg nach Davos durch die eindrücklich schmale Zügenschlucht. Kurz vor dem Davosersee steigt die Flüelapassstrasse zuerst steil, dann meist angenehm an. Das Gasthaus zum Tschuggen ist einen Besuch wert, höhenmeter- und streckenmässig ist man aber erst in der Hälfte und es gibt ja auch noch das Flüela Hospiz. Nach der Abfahrt mit einer spassigen Haarnadelserie in der Mitte führt die Tour von Susch das Engadin hinauf nach St. Moritz. Mit 2500 Höhenmetern und über 100 Kilometern in den Beinen empfiehlt es sich, die finalen 40 Kilometer gemächlich anzugehen.
Der Gotthardpass lebt von seinem Ruf und das zurecht: Er ist eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen Europas. Segantinis Gemälde der Gotthardpost kennt jedes Schweizer Kind und die gepflästerte Passstrasse verdient den gleichen Respekt wie die Pavès von Paris-Roubaix und Lüttich-Bastogne-Lüttich. Eine Schönheit ist die Nordrampe des Gotthard nicht, aber wer will schon die Tour auf der Alpennordseite ausklingen lassen, wenn man selbiges im Tessin tun kann. Aufgepasst, die Abfahrt durch die Leventina – oft gegen den Wind – fühlt sich nicht wie Bergabfahren an und bis Locarno sind es noch viele, viele Kilometer.
Wer sich besonders fit fühlt, macht schon in Airolo rechtsumkehrt, fährt das Bedrettotal hinauf über den Nufenenpass, mit 2478 Metern der höchste asphaltierte Alpenübergang der Schweiz. Die Rast im Restaurant hat man sich verdient, bevor man sich in die steile Abfahrt ins Wallis stürzt. Von Ulrichen rollt man am besten gleich weiter süd- und abwärts bis Brig, wo zahlreiche Cafés und Restaurants mit südlichem Flair zum Apéro laden.
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Die Formel 1-Spritztour auf den Gotthardpass
Kopfsteinpflaster, 10 Prozent Steigung und Spitzkehren ohne Ende: Sébastien Buemi hat den berühmten Gotthardpass im Weltmeister-Auto RB8 mit 750 PS erobert. So etwas hat die Schweiz noch nie erlebt...
Auf diesen Touren lernt man die Schweiz kennen, macht dabei ordentlich Strecke und sammelt Höhenmeter.
Deutsch-Welsches Potpourri
Route:
Gstaad – Zweisimmen – Jaunpass – Broc – Gruyerez
Vom schicken Gstaad ins malerische Simmental, wo es bald auf den nicht sehr hohen, aber ordentlich steilen Jaunpass geht. Auf der Abfahrt wechselt man in die Romandie und kann sich schon mal auf ein ordentliches Stück Gruyères-Käse oder ein Fondue Moitié-Moitié und eine Portion Double Crème de la Gruyère im gleichnamigen Mittelalterstädtchen freuen.
In Martigny im Wallis, da wo die Rhone nordwärts Richtung Genfersee dreht, startet diese kurze, aber eindrückliche Tour über den Col de la Forclaz. Wer vom Wallis nach Chamonixfährt, kommt hier lang, entsprechend gut ausgebaut ist die Strasse und es herrscht auch etwas Verkehr. Was einen aber Pedaltritt für Pedaltritt antreibt, ist die Aussicht auf den Mont Blanc, den höchsten Berg Europas. Nach der Passhöhe des Col de la Forclaz geht’s erstmal abwärts, bevor der Steigung zweiter Teil mit rund 700 Höhenmetern nach Finhaut folgt. Für das Lockern der Beine ist eines der Restaurants am Stausee Lac d’Emosson zu empfehlen. Fast 2000 Höhenmeter hat man bis dahin gesammelt, auf etwas weniger als 23 Kilometern.
Etwas für Freunde langgezogener Steigungen: Nach dem Einrollen entlang des Bielersees geht es ab Twann während 21 Kilometer gleichmässig ansteigend auf den Chasseral, dem höchsten Berg des Juras. Wer die grandiose Aussicht auf die Alpen geniessen will, zweigt am höchsten Punkt der Passstrasse in Richtung Sendestation Chasseral ab. Eilige rollen gleich ins Uhrmacherstädtchen St. Imier hinunter und suchen sich dort eine Brasserie. Weiter geht’s sanft abfallend durch das Vallon de Saint-Imier, das in Deutsch den schönen Namen Sankt-Immer-Tal trägt. Um von der Hauptverkehrsachse wegzukommen, empfiehlt sich kurz vor Biel der Abstecher nach Orvin, auch wenn auf diesem Weg noch einmal 50 Höhenmeter überwunden werden müssen.
Die Schwägalp gehört ebenfalls auf jede Rennvelo-Bucketlist. Zu empfehlen ist die alte Passstrasse ab Urnäsch, denn die Hauptroute ist bei Motorradfahrern noch beliebter als bei den unmotorisierten Serpentinen-Fans. Nach diesen ersten knapp 700 Höhenmetern kann man sich am Fuss des Säntis eine Stärkung gönnen, oder gleich ins Toggenburg abfahren. In Wildhaus die ersten 1000 Höhenmeter in den Beinen und ebenso die ersten 50 Kilometer. Danach geht’s abwärts ins Rheintal bevor das Schlussbukett in Form von weiteren 523 Höhenmetern hinauf nach Gais folgt, von wo man abwärts an den Ausgangspunkt zurückrollt. Die letzte Kraft sollte für den Gang in ein Restaurant im historischen Zentrum Appenzells verwendet werden, um den Salzhaushalt mit Appenzeller Mostbröckli und Käse oder einer anderen Spezialität in Ordnung zu bringen.
Gamserrugg. Die Namen der sieben Gipfel der Churfirsten kann man während ihrer 144 Kilometer langen Umrundung auswendig lernen. Startort ist das pittoreske Rapperswil, dem Walensee entlang liegen die eindrücklichen Felswände linkerhand. Wie hiessen sie noch gleich? Selun, Frümsel ... Nach Sargans und dem Rheintal folgt die Hauptsteigung hinauf nach Wildhaus (618 m) – dem oberen Eingang ins Toggenburg und dem idealen Ort, um sich in einer der Dorfbeizen auf Teil zwei vorzubereiten. Die Churfirsten zeigen nun ihre weniger felsige Seite. Zeit ihre Namen in umgekehrter Reihenfolge aufzusagen – Gamserrugg, Tristenkolben ... ihr wisst schon. Danach steht noch der Rickenpass im Weg, seine 163 Höhenmeter können nach 115 Kilometer etwas weh tun. Zur Belohnung zeigt das Relief zurück nach Rapperswil fast nur noch abwärts. An der Seepromenade gilt es dann möglichst direkt eine Schankstube mit genügend Beinfreiheit aufzusuchen.
Diese Tour kennt kein Aufwärmen. Gleich nach den letzten Häusern Linthals beginnen die Haarnadeln hinauf zum Urnerboden. Auf dem Flachstück ist Beine lockern angesagt, bevor es die Serpentinenwand hinauf zum Klausenpass zu bezwingen gilt. Die Pause im Hotel Klausenpass ist Pflicht. Danach geht’s lang und schnell hinunter, eine heftige kurze Gegensteigung vor Bürglen weckt die Beine wieder auf. Historisch bedeutend führt die Route danach dem Vierwaldstättersee entlang, leider immer mit viel Verkehr. Nach Brunnen kann man diesem gut ausweichen, am besten links (südlich) am Lauerzersee vorbei. Ein weiterer kurzer Anstieg führt hinauf nach Goldau, von da zeigt das Gelände rasant abwärts Richtung Zugersee. Die letzten Kilometer bis Zug sind zum Geniessen. Am besten biegt man kurz nach dem Ortseingang links in die Altstadt ein und sucht sich einen schönen Platz am Seeufer.