2019 - das Jahr der Frauen in der Elektro-Szene?! Zugegeben: Eine steile These unsererseits, wenn der Kalender noch fünf Monate zum abreißen bereit hält. Aber schaut und hört euch doch mal um. Der Frauen-Anteil auf den Festivals? Doppelt und dreifach so hoch wie in den 90ern. Die Veranstalter? Betonen explizit, wie wichtig ihnen eine ausgewogene Mischung im Line-Up ist. Und dann wäre da noch der Auftritt einer gewissen Charlotte de Witte beim Tomorrowland.
Die junge Belgierin untermauerte ihren steilen Aufstieg und lieferte beim populärsten Dance-Event der Welt Ende Juli ein Set ab, das sich heute in einigen Top 10-Rankings wiederfindet. Dass Techno zur gleichen Zeit wieder vermehrt Einzug in die Clubkultur hält, kommt ebenfalls nicht von ungefähr. Die Szene, die sich dem Einfluss von Big Room-House und Mainstream-EDM beugen musste, wird inzwischen vornehmlich von weiblichen DJs revolutioniert:
Paula Temple
Die in Berlin lebende Londonerin genoss schon in jungen Jahren Pionier-Status, weil sie an der Entwicklung eines der ersten Live-Midi-Controllers (MXF8) beteiligt war und so zahlreichen Newcomern den Weg geebnet hat. Auf ihr eigenes Debüt-Album mussten wir dagegen bis Mai diesen Jahres warten. Mit „Edge of Everything“ tourt Paula Temple nun durch Festivals und Clubs in ganz Europa.
Nina Kraviz
Der Terminkalender von Nina Kraviz platzt aus allen Nähten. 120 Gigs in über 60 Ländern waren es im Jahr 2018. Ob es diese Jahr noch mehr werden, wissen wir nicht, aber die 29-Jährige ist definitiv eine der meist gebuchten weiblichen DJs. Für ihre Outfits mag sie zwar auch Kritik einstecken müssen. Doch die Russin, die angefangen von Breakbeat über Minimal bis hin zu Acid-Techno mit 150 BPM ein musikalisches Gesamtpaket verkörpert, würde bestimmt jederzeit das Berghain der Fashion Week in London vorziehen.
Charlotte de Witte
Wer die Karriere von Charlotte de Witte schon etwas länger verfolgt, kennt sie noch als Raving George. Bis 2015 legte sie unter einem männlichen Pseudonym auf. Mit dem Namenswechsel änderte sich auch ihr Sound. Heute strotzen ihre Techno-Sets nur so vor Energie. Zu den Sternstunden der 27-Jährigen zählt einerseits ihr Auftritt auf der Tomorrowland-Mainstage sowie beim Awakenings 2018, als sie die Crowd mit dem Trance-Klassiker „Universal Nation“ in ihren Bann zog.
Amelie Lens
Ähnlich wie ihre Landsfrau Charlotte de Witte befindet sich die drei Jahre ältere Amelie Lens auf einem Höhenflug, dessen Peak-Punkt noch gar nicht absehbar ist. Ihr Track „Exhale“ ist gleichzeitig der Name ihrer eigenen Partyreihe im Antwerpener Club Labyrinth. Der Haken an der Sache: Tickets für Club-Events mit dem Techno-Phänomen müssen aufgrund der Nachfrage teilweise verlost werden! Eine Möglichkeit, sie 2019 in Deutschland nochmal live zu erleben, wäre das Connect Festival (Düsseldorf) am 21. September.
Deborah de Luca
Alterstechnisch tanzt sie mit 39 Jahren zwar schon etwas aus der Reihe. Trotzdem lässt sich die aus Neapel stammende Deborah de Luca eindeutig der New Techno-Generation zuordnen. Auf ihrem 2013 gegründeten Label erschien vor einigen Wochen bereits ihr 50. Track („19 calls“). Ein Glück, dass sie im Stiefel-Land einst den Produzenten Giuseppe Cennamo kennengelernt hatte. Ansonsten hätten wir dieses Naturtalent wohl an die Modebranche verloren.
Ist euch eigentlich aufgefallen, dass wir in dieser Story bewusst auf ein Wort verzichtet haben? Ein Wort, wie man es heute noch in so manchem Kreuzworträtsel findet. Weibliche Form für DJ mit fünf Buchstaben: DJane! Viele Künstlerinnen fühlen sich hierbei nicht ernst genommen und/oder auf ihr charmantes Lächeln reduziert. Erweist den Damen hinter den Decks also immer den nötigen Respekt.